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Guten Tag und herzlich willkommen bei Rechtsanwalt Daniel Wex!


Sie suchen einen Rechtsanwalt in Dortmund, der Sie bei Ihren Anliegen mit Rat und Tat unterstützt? Herzlich Willkommen bei Rechtsanwalt Daniel Wex – schön, dass Sie hier sind!


Ich stehe meinen Mandanten von Dortmund aus bundesweit zur Seite. Dabei verstehe ich mich als modernen service- und ergebnisorientierten Dienstleister, der großen Wert auf einen vertrauten und persönlichen Umgang mit seinen Mandanten legt – nur so kann ich Ihre Ziele erfassen und gemeinsam mit Ihnen Lösungen erarbeiten. Dazu gehört für mich auch das offene Wort, das es auch gebieten kann, von einem gewünschten Vorgehen abzuraten, wenn das keinen Erfolg verspricht.


Meine Kanzlei liegt in unmittelbarer Nähe des Landgerichts Dortmund sowie fußläufig zum Amtsgericht Dortmund, der Staatsanwaltschaft Dortmund, dem Arbeitsgericht Dortmund, dem Sozialgericht Dortmund sowie dem Stadthaus. So sind meine Wege zu Behörden und Gerichten kurz, um Ihre Interessen schnell und persönlich wahrzunehmen.


BGH zu Verjährung bei Verkauf einer nicht existenten Forderung

 

Rückzahlungsansprüche wegen des Verkaufs von Forderungen, die tatsächlich gar nicht existieren, verjähren nach drei Jahren. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) in einem nun veröffentlichten Urteil (Urteil vom 18.10.2023, VIII ZR 307/20) entschieden.

 

Ein Zahnarzt verkaufte vermeintliche Vergütungsansprüche gegen mehrere Patienten an ein medizinisches Abrechnungszentrum. Nachdem dessen Klagen gegen die Patienten letztlich scheiterten, trat das Abrechnungszentrum von dem Forderungskauf zurück und forderte den Zahnarzt zur Rückzahlung des gezahlten Kaufpreises auf.

 

In den Vorinstanzen mit Erfolg: entgegen der Ansicht des Zahnarztes sei der Rückzahlungsanspruch „unzweifelhaft“ nicht verjährt. Maßgeblich seien die Verjährungsvorschriften des Kaufrechts, nach denen hier eine Verjährungsfrist von 30 Jahren gelte.

 

Der BGH sieht das anders: die kaufrechtlichen Verjährungsfristen gelten, wenn die Forderung „nur“ mangelhaft ist. Eine solche Forderung könne abgetreten werden. Dann liege eine Schlechterfüllung vor und Ansprüche des Käufers verjährten in zwei Jahren.

 

Bestehe die Forderung allerdings gar nicht (oder nicht mehr), sei es schon nicht möglich, sie abzutreten. Es liege ein Fall der Nichterfüllung vor, bei der die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren gelte. Ein Bezug auf die Vorschriften des Kaufrechts komme hier von vornherein nicht in Betracht, da es an dem dafür erforderlichen Bezugspunkt (auf den Käufer übertragener Kaufgegenstand) fehle.

Frohes Neues: das ändert sich 2024!


Neues Jahr, neue Gesetze: welche Gesetze sind zum 1. Januar in Kraft getreten, was steht im weiteren Verlauf des Jahres an? Ein Überblick.


Unternehmen: Whistleblowing-Meldestelle schon ab 50 Beschäftigten und eGbR als neue Gesellschaftsform


Schon seit dem 17. Dezember 2023 müssen Arbeitgeber mit 50 (bislang: 250 bzw. Arbeitgeber in speziellen Branchen) und mehr Beschäftigten eine interne Meldestelle für Hinweise auf Rechtsverstöße unterhalten. Bei Zuwiderhandlungen kann ein Bußgeld bis zu 20.000 € verhängt werden.


Im Zuge der Modernisierung des Personengesellschaftsrechts kann nunmehr eine rechtsfähige Außen-GbR in Gestalt einer eGbR (eingetragene Gesellschaft bürgerlichen Rechts) in ein spezielles Gesellschaftsregister eingetragen werden. Verpflichtend ist das immer, wenn eine GbR Grundstücksgeschäfte tätigen will.


Verbraucher: alte Mehrwertsteuer in der Gastronomie, Neuigkeiten bei Einwegverpackungen


Ab dem 1. Januar fällt in der Gastronomie wieder der (während Corona auf 7 Prozent gesenkte) Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent an. Ebenfalls ab Januar werden Kunststoff-Einweggetränkeflaschen für trinkbare Milcherzeugnisse pfandpflichtig.


Ab dem 1. Juli müssen dann Deckel von Einwegverpackungen, die zumindest teilweise aus Plastik bestehen, fest mit der Verpackung verbunden sein („Tethered Cap“), damit künftig weniger Verschlussklappen in der Natur landen.


Job/ Ausbildung: mehr Mindestlohn, höhere Ausbildungs-/ Minijobvergütung und Ausbildungsgarantie


Der allgemeine Mindestlohn steigt ab Januar auf 12,41 Euro pro Stunde, die Ausbildungsvergütung von 620 auf 649 Euro im 1. Lehrjahr. Im 2. Lehrjahr erhalten Auszubildende nunmehr 766, im 3. 876 und im 4. 909 Euro. Geringfügig Beschäftigte erhalten jetzt 538 statt bislang 520 Euro.


Jugendliche, die keinen betrieblichen Ausbildungsplatz finden, haben ab dem 1. August einen Anspruch auf außerbetriebliche Ausbildung.


Wohnen: Gebäudeenergiegesetz tritt in Kraft


Ab dem 1. Januar dürfen in neu errichtete Gebäude in Neubaugebieten nur noch Heizungen eingebaut werden, die zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Für Bestandsgebäude gilt das erst später.


Vor 2024 eingebaute, funktionierende Heizungen müssen nicht ausgetauscht und dürfen weiterbetrieben und repariert werden.


Wer seine Heizungen austauscht, kann das durch die „Bundesförderung energieeffiziente Gebäude“ fördern lassen. Vermieter können dann ihre Modernisierungskosten nicht auf ihre Mieter umlegen. Ansonsten ist eine solche Umlage für bis zu 10 Prozent der Modernisierungskosten möglich; die Umlage ist allerdings auf 50 Cent pro Monat und Quadratmeter gedeckelt.   


Soziales: mehr Bürgergeld, höhere Erwerbsminderungsrente


Das Bürgergeld steigt um etwa 12 Prozent auf 563 Euro für Alleinstehende bzw. 471 Euro für Jugendliche zwischen 15 und 18 Jahren, 390 Euro für Kinder zwischen 7 und 14 Jahren und 357 Euro für jüngere Kinder, die Erwerbsminderungsrente – ohne dass hierfür ein Antrag gestellt werden müsste – ab Juli um 7,5 Prozent bei Rentenbeginn zwischen 2001 und Juni 2014 und um 4,5 Prozent bei späterem Rentenbeginn.


Cannabislegalisierung


Im Frühjahr – im Gespräch ist der 1. April – soll die Teillegalisierung von Cannabis in Kraft treten. Erwachsene dürften dann bis zu 25 Gramm Cannabis besitzen und bis zu drei Pflanzen für den Eigenkonsum anbauen.

Ab Juli soll dann auch ein gemeinschaftlicher Anbau in „Cannabis-Clubs“ mit bis zu 500 Mitgliedern möglich sein, wobei eine Abgabe ausschließlich an diese erfolgen dürfen soll.

LAG Berlin-Brandenburg zu Anforderungen an ein Arbeitszeugnis 


Arbeitgeber, die ein qualifiziertes Arbeitszeugnis erstellen müssen, haben das auf ihrem Briefkopf zu tun und dürfen dabei nicht den Eindruck erwecken, dass lediglich der Entwurf eines Dritten übernommen wurde. Das geht aus einem Beschluss des Landesarbeitsgerichts (LAG) Berlin-Brandenburg vom 28.11.2023 (26 Ta 1198/23) hervor.


Das Arbeitsgericht Berlin verhängte ein Zwangsgeld, ersatzweise Zwangshaft, gegen einen Arzt, der sich in einem dort geschlossenen Vergleich dazu verpflichtet hatte, seiner ehemaligen Arbeitnehmerin ein qualifiziertes Zeugnis zu erteilen. Diese durfte dabei einen Entwurf übersenden, von dem der Arzt nur aus wichtigem Grund abweichen durfte. Die ehemalige Arbeitnehmerin übersendete einen solchen Entwurf, den der Arzt auch übernahm, aber hinzufügte: „i. A. des Arbeitsgerichts Berlin (…) Zeugnis erstellt durch Rechtsanwältin A“. Den Briefkopf des Arztes enthielt das Zeugnis nicht.


Gegen das Zwangsgeld legte der Arzt Beschwerde mit der Begründung ein, die ehemalige Arbeitnehmerin könne nicht verlangen, dass ein nicht von ihm verfasstes, rückdatiertes Zeugnis auf seinem Briefkopf erstellt und von ihm unterschrieben werde. Ein weiteres Zeugnis sei schließlich mit seinem Praxisstempel versehen.


Nachdem das Arbeitsgericht Berlin der Beschwerde nicht abgeholfen hat, hat das LAG die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des Arztes zurückgewiesen: wenn im Berufszweig des Arztes üblicherweise im geschäftlichen Verkehr ein Briefkopf verwendet werde, der Name und Anschrift des Ausstellers erkennen lasse und auch der Arzt selbst einen solchen nutze, sei ein Zeugnis nicht ordnungsgemäß, wenn es nur eine Unterschrift enthalte oder diese durch einen Firmenstempel ersetzt werde.


Auch dürfe ein Schriftstück,das als Zeugnis bezeichnet ist, bei Dritten nicht – wie hier – den Eindruck erwecken, der Arbeitgeber habe lediglich einen Entwurf des Arbeitnehmers unterzeichnet, ohne sich selbst mit dem Inhalt der Erklärung zu identifizieren. Ansonsten genüge das Zeugnis nicht den formellen Anforderungen des § 109 GewO.

VG Minden: Youtuber kann auch in eigener Sache „Presse“ sein

 

Wer als You­tuber über einen eigenen Ge­richts­ter­min be­rich­ten will, kann sich dabei auf die Pres­se­frei­heit be­ru­fen. Das hat das Verwaltungsgericht (VG) Minden (Beschluss vom 16.08.2023, 1 L 729/23) entschieden.


Ein Youtuber wollte Aufzeichnungsgeräte in das Landgericht Bielefeld mitnehmen, um von dort von einem Verfahren zu berichten, das ihn selbst betrifft.


Das Gericht untersagte ihm das zwar nicht, erteilte aber auch keine Foto- und Drehgenehmigung – zu Unrecht, so nun das VG: der Youtuber habe wegen der nicht erteilten Foto- und Drehgenehmigung und des aus der Gerichtshomepage ersichtlichen Verbots, Fotoapparate und Handys mit Fotofunktion mitzuführen, davon ausgehen müssen, dass ihm die Mitnahme der Aufzeichnungsgegenstände nicht gestattet sei.


Darauf habe er als Pressevertreter aber einen Anspruch unmittelbar aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG (Pressefreiheit), in deren Rahmen kein Verbot der Berichterstattung in eigener Sache existiere; vielmehr könne die Presse ihre Inhalte selbst gestalten und damit auch selbst entscheiden, worüber sie berichte.  


Um sich darauf berufen zu können, müsste lediglich eine gewisse Aufarbeitung von Nachrichten erfolgen, was durch den Youtuber auf seinem Kanal geschehe. Die Pressefreiheit sei entwicklungsoffen angelegt und müsse daher nicht nur den digitalen Ausgaben „klassischer“ Medien, sondern auch Formaten einen vergleichbaren Schutz bieten, die noch nicht bekannt waren, als das Grundgesetz erarbeitet wurde. Dabei komme es auch nicht auf die Reichweite des Kanals an, da bei internetbasierten Angeboten jedenfalls die potenzielle Reichweite unbegrenzt sei.


Über die Frage, ob der Youtuber beispielsweise während einer Verhandlungspause Bilder im Sitzungssaal anfertigen könne, hat das VG nicht entschieden; das habe der zuständige Richter am Landgericht Bielefeld im Rahmen seiner Verhandlungsleitung zu entscheiden.


Der Beschluss ist bislang nicht rechtskräftig.

 

OLG Karlsruhe zu erneuter Zahlungspflicht bei gehacktem Händleraccount 


Die Zahlung eines Käufers auf das Konto eines Betrügers, der den E-Mail-Account des Verkäufers gehackt und seine eigenen Bankdaten mitgeteilt hat, führt nicht zum Erlöschen der Kaufpreisforderung durch Erfüllung. Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe (Urteil vom 27.07.2023, 19 U 83/22) entschieden.

 

Ein Autohändler hatte telefonisch ein Auto verkauft. Dabei wurde die Übersendung der Rechnung per E-Mail vereinbart, was dann gleich zweimal geschah. Die zweite – sprachlich sehr fehlerhafte, den Käufer zudem entgegen der vorherigen Kommunikation siezende – E-Mail stammte dabei von einem Betrüger, der den E-Mail-Account des Autohändlers gehackt und seine eigene Kontonummer mitgeteilt hatte. Der Käufer zahlte auf das in der zweiten E-Mail mitgeteilte Konto, der Autohändler klagte auf Zahlung des Kaufpreises.


Nachdem das Landgericht Mosbach (Urteil vom 24.05.2022, 1 O 271/21) die Klage zunächst abgewiesen hat, hat das OLG ein Erlöschen der Kaufpreisforderung durch Erfüllung verneint: durch die Zahlung auf das Konto eines (von dem Autohändler, der diese auch nicht nachträglich ermächtigt hat, nicht zum Empfang der Leistung ermächtigten) Dritten habe der Käufer den Leistungserfolg nicht herbeigeführt.


Er könne dem Autohändler allenfalls einen Schadensersatzanspruch entgegenhalten, wenn der eine Pflicht, besondere Vorkehrungen dagegen zu treffen, dass sein E-Mail-Account gehackt und von dort eine E-Mail mit falschen Bankdaten versendet werden kann, verletzt habe.


Eine solche Pflicht konnte das OLG allerdings nicht feststellen: mangels konkreter gesetzlicher Vorgaben oder einer ausdrücklichen Vereinbarung zwischen den Parteien zu gegenseitigen Sicherheitsvorkehrungen sei entscheidend, welche berechtigten Sicherheitserwartungen die beteiligten Kreise hätten.


Das Verfahren Sender Policy Framework (SPF), mit dem die Berechtigung des sendenden E-Mail-Servers zum Versand von E-Mails für die Domäne geprüft werden könne, sei nur beim Betrieb eines eigenen E-Mail-Servers anwendbar, nicht aber, wenn – wie hier durch den Autohändler – ein Provider inanspruchgenommen wird.


Die Verschlüsselung der PDF-Datei, die die Rechnung enthält, sei im Geschäftsverkehr nicht üblich; zudem hätte hierfür ein Passwort ausgetauscht werden müssen, was nicht geschehen sei.


Hinsichtlich einer Ende-zu-Ende-Verschlüsselung habe der Käufer nicht einmal vorgetragen, zu einer Entschlüsselung in der Lage zu sein.


Soweit schließlich eine Transportverschlüsselung gescheitert sei, könne das ebenfalls nicht dem Autohändler zugerechnet werden: diese komme nur im Verkehr zwischen bestimmten E-Mail-Anbietern in Betracht, zu denen der Server des Käufers allerdings nicht gehöre.


Der Autohändler habe damit entgegen der Ansicht des Käufers die Zahlung auf das falsche Konto insgesamt nicht verursacht, sodass ein dem Autohändler entgegenzuhaltender Schadensersatzanspruch des Käufers – der im Hinblick auf die Unstimmigkeiten der zweiten E-Mail (sprachliche Fehlerhaftigkeit, plötzliches Siezen) ohnehin wegen erheblichen Mitverschuldens des Käufers, der in der Verhandlung mitteilte, die E-Mail nicht vollständig gelesen zu haben, zu kürzen gewesen wäre - ausscheide.

Hessisches LSG: Weg zum Kaffeeautomaten unfallversichert


Beschäftigte, die an ihrer Arbeitsstätte auf dem Weg zum Kaffeeautomaten stürzen, haben Anspruch auf Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung. Das geht aus einem nunmehr veröffentlichten Urteil des Hessischen Landessozialgerichts (LSG) vom 7.02.2023 (L 3 U 202/21) hervor.


Geklagt hatte eine Angestellte eines Finanzamtes, die während ihrer Arbeitszeit auf dem Weg zu dem Kaffeeautomaten im Sozialraum des Amtes stürzte und dabei eine Lendenwirbelfraktion erlitt.


Die zuständige Unfallkasse weigerte sich, den Sturz als Arbeitsunfall anzuerkennen, da der Schutz regelmäßig mit dem Durchschreiten der Kantinentür ende. Der Sozialraum des Amtes sei hier mit der Kantine gleichzusetzen.


Nachdem sie damit erstinstanzlich (Sozialgericht Fulda, Gerichtsbescheid vom 29.10.2021, S 8 U 78/21) erfolgreich war, hat das LSG der Berufung der Angestellten stattgegeben: im Gegensatz zur Nahrungsaufnahme als solcher stehe das Zurücklegen des Weges, um sich Lebensmittel an einem im Betriebsgebäude aufgestellten Automaten besorgen, in einem inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit der Angestellten. Es diene der Aufrechterhaltung ihrer Arbeitsfähigkeit und sei von der Notwendigkeit geprägt, persönlich im Betrieb anwesend zu sein und dort ihre betriebliche Tätigkeit zu verrichten. Entscheidend sei, dass der Erwerb der Lebensmittel zum alsbaldigen Verzehr erfolge, während für den Erwerb von Lebensmitteln für den häuslichen Bereich kein Versicherungsschutz bestehe.


Der Sozialraum, in dem sich der Kaffeeautomat befand, gehöre in den Verantwortungsbereich des Arbeitgebers und sei im Zeitpunkt des Unfalls auch nicht als Kantine oder zur Nahrungsaufnahme genutzt worden, sodass der Versicherungsschutz auch nicht vor dessen Tür geendet habe.


Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache hat das LSG die Revision zugelassen.

OLG Frankfurt: Blogpflege, aber keine Löschpflicht bei überholtem Bericht über Prozesserfolg

 

Rechtsanwälte, die auf ihrer Homepage über einen Prozesserfolg berichten, müssen diesen Bericht nicht löschen, sondern – auf Verlangen des Betroffenen – aktualisieren, wenn die Entscheidung später rechtskräftig aufgehoben wird. Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main (Urteil vom 15.12.2022, 16 U 255/21) entschieden.

 

Eine Rechtsanwalt hatte eine einstweilige Verfügung gegen eine Wirtschaftsauskunftei erwirkt, darüber auf seiner Homepage berichtet und den Artikel dort auch noch unverändert verfügbar gehalten, nachdem die einstweilige Verfügung rechtskräftig aufgehoben wurde. Die Wirtschaftsauskunftei hat daraufhin zunächst vor dem Landgericht Frankfurt am Main (Urteil vom 4.11.2021, 2-03 O 296/21) erfolgreich auf Löschung geklagt.

 

Auf die Berufung des Rechtsanwalts hat das OLG dieses Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen: der Erlass der einstweiligen Verfügung sei eine wahre Tatsache, die die Wirtschaftsauskunftei grundsätzlich hinzunehmen habe. Ändere sich die Sachlage nachträglich, könne zwar eine erneute Interessenabwägung vorzunehmen sein.

 

Das führe hier aber nicht dazu, dass dem Rechtsanwalt die Berichterstattung über die zwischenzeitlich aufgehobene einstweilige Verfügung zu untersagen sei. Als Betreiber eines kommerziell orientierten Blogs könne er sich zwar nicht darauf berufen, zu einer Fortsetzung der Berichterstattung bei neuen Entwicklungen nicht verpflichtet zu sein.

 

Wegen des geringen Verbreitungsgrades des Blogbeitrags sei die Wirtschaftsauskunftei aber auch nur gering beeinträchtigt. Zudem bestehe ein anerkennenswertes Interesse des Rechtsanwalts, darüber zu informieren, dass zunächst zugunsten seines Mandanten entschieden wurde, sodass eine Löschung ein zu starker Eingriff in seine Berufs- und Meinungsfreiheit sei. Ausreichend sei ein Nachtrag über den Fortgang des Verfahrens gewesen, den die Wirtschaftsauskunftei aber nicht verlangt habe.

 

Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig.

Frohes Neues: das ändert sich 2023!


Neues Jahr, neue Gesetze: welche Gesetze sind zum 1. Januar in Kraft getreten, was steht im weiteren Verlauf des Jahres an? Ein Überblick.


Unternehmen: Sorgfaltspflichten in der Lieferkette, Mehrwegpflicht in der Gastronomie und Whistleblowerschutz


Unternehmen mit mindestens 3.000 Beschäftigten sind ab dem 1. Januar für Menschenrechtsverletzungen ihrer Lieferanten im Ausland verantwortlich.


Sie müssen machbare und angemessene Vorkehrungen treffen, mit denen Rechtsverletzungen (insbesondere: Kinderarbeit/ Lohndumping) bei ihren Zulieferern verhindert werden können. Beispielsweise muss nachgewiesen werden, mit den Lieferanten gesprochen oder vorhandene Risiken dokumentiert zu haben. Bei Zuwiderhandlungen drohen Bußgelder.


Ab 2024 gilt das auch für Unternehmen mit mindestens 1.000 Beschäftigten.


Restaurants, Bäckereien, Bistros, Cafés, Tankstellen und Kantinen müssen ihre Kunden ab Januar darauf hinweisen, dass sie die Speisen und Getränke auch in Mehrwegverpackungen erhalten können, die nicht mehr kosten dürfen als Einwegbehältnisse, auf die allerdings ein Pfand erhoben werden darf.


Der Hinweis muss – auch bei Onlinebestellungen – deutlich sicht- und lesbar sein. Eine Ausnahme gilt für kleine Geschäfte mit maximal 5 Beschäftigten und 80 Quadratmetern Ladenfläche, die nicht zu einer Kette gehören.


Ebenfalls ab dem 1. Januar müssen Unternehmen ihren Beschäftigten grundsätzlich die Möglichkeit geben, sicher, d. h. auch anonym, auf interne Missstände hinzuweisen. Dazu zählen nicht nur rechtswidrige, sondern auch rechtmäßige, aber missbräuchliche Handlungen.


Den Hinweisen muss dann nachgegangen und der Hinweisgeber darüber in Kenntnis gesetzt werden. Sämtliche Repressalien oder auch nur deren Androhung sind untersagt. Wird ein Hinweisgeber im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit benachteiligt, wird vermutet, dass es sich um eine Repressalie handelt; insoweit greift eine Beweislastumkehr.


Unternehmen zwischen 50 und 249 Beschäftigten haben bis zum 17. Dezember Zeit zur Umsetzung.


Unternehmen/ Verbraucher: Strom- und Gaspreisbremse


Ab dem 1. März gilt die Strom- und Gaspreisbremse, die rückwirkend auch die Monate Januar und Februar umfasst: private Haushalte sollen für 80 Prozent des prognostizierten Strom- und Gasverbrauchs einen gedeckelten Preis (Gas: 12 Cent, Fernwärme: 9,5 Cent, Strom: 40 Cent pro Kilowattstunde) zahlen. Im Übrigen soll der Marktpreis gelten. Dabei sollen die Versorger die Entlastung berechnen und die reduzierten Abschläge automatisch abrechnen.


Das gilt auch für Betriebe mit einem Gasverbrauch bis zu 1.500 Megawattstunden.


Job: mehr Home-Office-Pauschale, höhere Verdienstgrenze für Midijobber, höhere Vergütung für Auszubildende


Die Home-Office-Pauschale soll für bis zu 210 statt bisher bis zu 120 Tage gelten und sich auf 6 Euro erhöhen.  Die Werbungskostenpauschale, mit der sie weiterhin zu verrechnen ist, wird von 1.200 auf 1.230 Euro angehoben.


Midijobber können statt wie bislang bis zu 1.600 nun bis zu 2.000 Euro verdienen, ohne die vollen Sozialversicherungsbeiträge zahlen zu müssen.


Die Mindestausbildungsvergütung steigt von 585 Euro auf 620 Euro für 2023 begonnene Ausbildungen. Im 2. Lehrjahr steigt sie gegenüber dem 1. Jahr um 18, im 3. Lehrjahr um 35 Prozent.


Sämtliche Änderungen gelten ab dem 1. Januar.


Wohnen: Teilung der CO₂-Kosten zwischen Mieter und Vermieter


Ab Januar tragen nicht mehr nur Mieter die CO₂-Kosten. Es gilt nun ein Stufenmodell, nach dem der Anteil des Vermieters umso höher ist, je schlechter die Energiebilanz des Hauses ist.


Bei Gewerbegebäuden sollen die CO₂-Kosten ebenfalls geteilt werden, wenn nichts anderes vereinbart ist. Ein Stufenmodell soll hier bis 2025 entwickelt werden.


Soziales I: Bürgergeld ersetzt „Hartz IV“


Ab Januar ersetzt das Bürgergeld das bisherige Arbeitslosengeld II („Hartz IV“). Die Regelsätze steigen deutlich, die bisherigen Mehrbedarfe (beispielsweise für Alleinerziehende) bleiben bestehen.


Im ersten Bezugsjahr ist das Vermögen bis zu einem Betrag von 40.000 Euro geschützt, für jede weitere Person in der Bedarfsgemeinschaft bis zu 15.000 Euro. Das eigene angemessene Haus ist Schonvermögen.


Zudem dürfen in den ersten sechs Bezugsmonaten keine Sanktionen verhängt werden, danach nur noch in Höhe von 20 (bisher: 30) Prozent.


Anrechnungsfrei bleibt ein Hinzuverdienst bis zu 100, für Schüler, Studenten und Auszubildende unter 25 Jahren sogar bis 520 Euro. Für darüber hinausgehende Einkommen gilt ein höherer Freibetrag.


Soziales II: mehr Hinzuverdienst für Rentner, mehr Wohngeld, mehr Kinderzuschlag und Kindergeld, 49-Euro-Ticket


Ab dem 1. Januar dürfen nicht mehr nur Menschen in der Regelaltersrente, sondern auch Frührentner unbegrenzt hinzuverdienen: eine Anrechnung auf ihre Frührente erfolgt nicht mehr. Wer eine Erwerbsminderungsrente bezieht, darf bis zu 17.823,75 Euro bei bis zu drei (volle Erwerbsminderungsrente) bzw. bis zu 35.647,50 Euro bei bis zu sechs Stunden Arbeit täglich (teilweise Erwerbsminderungsrente) anrechnungsfrei hinzuverdienen.


Das „Wohngeld Plus“ soll sich durch eine Anpassung der Einkommensgrenze auf mehr Haushalte erstrecken als bisher und sich von durchschnittlich 180 auf 370 Euro mehr als verdoppeln.


Der Kinderzuschlag für Alleinerziehende und Familien mit niedrigem Einkommen steigt auf bis zu 250 Euro, das Kindergeld erhöht sich zum 1. Januar 2023 um 31 auf 250 Euro je Kind.


Zudem kommt das 49-Euro-Ticket, das in allen Nahverkehrsverbünden gelten soll. Der genaue Starttermin steht noch nicht fest, wahrscheinlich ist der 1. Mai.   


Familie: Vertretung des Ehepartners bei medizinischen Notfällen


Kann ein Ehepartner nicht mehr über seine medizinische Versorgung entscheiden, weil er bewusstlos oder erkrankt ist, darf der andere Ehepartner ihn ab Januar in medizinischen Notsituationen vertreten, falls keine anderen Personen bevollmächtigt sind.


Das Vertretungsrecht kann ausgeschlossen werden. Es ist auf 6 Monate befristet und gilt nicht, wenn die Ehegatten getrennt leben und das dem Arzt bekannt ist.

VG Berlin: Kommerzieller Sport im Park nur mit Genehmigung

 

Wer in Berlins öffentlichen Grünanlagen kostenpflichtige Fitnesstrainings anbietet, benötigt dafür eine Genehmigung. Das hat das Verwaltungsgericht (VG) Berlin in einem nun veröffentlichten Urteil vom 22.04.2020 (Az. VG 24 K 284.20) entschieden.

 

Geklagt hatte ein Kursveranstalter, der u. a. kostenpflichtige Fitnesstrainings mit bis zu 20 Teilnehmern in einem Berliner Park anbietet. Das zuständige Bezirksamt, das beschlossen hatte, kommerzielle Anbieter von Sportveranstaltungen nur noch begrenzt zuzulassen und von ihnen Gebühren zu nehmen, untersagte die Durchführung der Trainings, woraufhin der Veranstalter zunächst die Erteilung einer Genehmigung beantragte. Nachdem er damit keinen Erfolg hatte, wollte er nun gerichtlich festgestellt wissen, dass er für Veranstaltungen dieser Art überhaupt keine Genehmigung benötigt.


Das VG hat die Klage abgewiesen: der Veranstalter sei als juristische Person schon kein Teil der erholungsbedürftigen und erholungssuchenden Bevölkerung, der die öffentlichen Grünanlagen zu dienen bestimmt seien. Deren begehrte Nutzung für Fitnesstrainings, die nur zahlenden Kunden zur Verfügung stünden, sei kein Allgemeingebrauch und daher genehmigungspflichtig. Genehmigungsfrei seien nur nichtkommerzielle Veranstaltungen.


Im  Hinblick auf die starke Nutzung öffentlicher Grünanlagen schon im Rahmen des Allgemeingebrauchs sei eine behördliche Steuerung einer Nutzung für kommerzielle Zwecke erforderlich, um konkurrierende Nutzungsinteressen auszugleichen.


Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Frohes Neues: das ändert sich 2022!


Neues Jahr, neue Gesetze: welche Gesetze sind zum 1. Januar in Kraft getreten, was steht im weiteren Verlauf des Jahres an? Ein Überblick.


Kaufrecht: neuer Mangelbegriff, längere Beweislastumkehr und mehr Hinweispflichten bei Garantien


Tritt bei einer Kaufsache ein Mangel auf, wird bei einem sogenannten Verbrauchsgüterkauf ab dem 1. Januar 12 (statt bisher 6) Monate widerleglich vermutet, dass dieser schon beim Verkauf bestand. Der Käufer muss zudem keine Frist zur Nacherfüllung setzen, um seine Gewährleistungsrechte geltendzumachen: die Frist beginnt ab Mitteilung des Mangels.


Ob ein Mangel vorliegt, beurteilt sich dann nicht mehr nur nach der vereinbarten, sondern zusätzlich nach der üblichen Beschaffenheit, d. h. danach, ob sich die Kaufsache für ihre übliche Verwendung eignet. Das gilt unabhängig davon, ob die Vertragsparteien Unternehmer oder Verbraucher sind.


Händler, die mit einer Garantie werben, müssen Verbraucher ab Januar nicht mehr nur auf die gesetzlichen Rechte bei Mängeln hinweisen, sondern auch darauf, dass diese unentgeltlich ausgeübt werden können. Es muss deutlich werden, worauf die Garantie sich bezieht und was genau zu tun ist, um Ansprüche aus ihr geltend zu machen. Zudem ist die Garantie spätestens bis zur Lieferung der Ware auf einem dauerhaften Datenträger auch dann zur Verfügung zu stellen, wenn der Verbraucher das nicht ausdrücklich verlangt.


Neu im BGB: Verbrauchervertrag über digitale Produkte


Mit dem „Verbrauchervertrag über digitale Produkte“ (beispielsweise E-Books, Apps, Software, soziale Netzwerke oder Cloud-Anwendungen) wird zum 1. Januar ein neuer Vertragstyp mit eigenen Gewährleistungsrechten in das BGB eingeführt. Mängel an digitalen Produkten, über die ab diesem Datum ein Vertrag geschlossen wurde, können zwei Jahre lang reklamiert werden. Die einjährige Beweislastumkehr gilt auch hier.


Weiterhin hat das Unternehmen grundsätzlich während der gesamten Vertragslaufzeit funktionserhaltende und Sicherheitsupdates bereitzustellen und über diese Updates zu informieren.


Diese Pflichten gelten unabhängig davon, ob der Verbraucher für die digitalen Produkte einen Preis zahlt oder stattdessen personenbezogene Daten bereitstellt.


Leichtere Kündigung vieler Verträge


Dauerschuldverhältnisse mit Mindestvertragslaufzeit wie Energielieferungs- oder Fitnessstudioverträge, die ab dem 1. März geschlossen werden, verlängern sich bei verpasster Kündigungsfrist künftig nicht mehr (wie in vielen Anbieter-AGB vorgesehen) um ein Jahr, sondern auf unbestimmte Zeit, können dann aber jederzeit mit einer Frist von einem Monat gekündigt werden.


Verträge, die über eine Homepage geschlossen werden können, können ab dem 1. Juli einfacher, nämlich durch einen gut auf der Homepage sichtbaren und einfach zugänglichen Button gekündigt werden. Fehlt ein solcher Kündigungsbutton, kann jederzeit fristlos gekündigt werden.


Besserer Verbraucherschutz bei „Kaffeefahrten“ und Haustürgeschäften


Ab dem 28. Mai ist der Verkauf von Finanzprodukten und Nahrungsergänzungsmitteln bei „Kaffeefahrten“ grundsätzlich verboten. Zudem muss der Veranstalter den Teilnehmern den Veranstaltungsort, die angebotenen Waren, die Widerrufsbedingungen und seine Kontaktdaten mitteilen und darf nicht mehr mit unentgeltlichen Zuwendungen oder Verlosungen werben – ansonsten droht nunmehr ein Bußgeld von 10.000 (statt bisher 1.000) €.


Ebenfalls ab dem 28. Mai darf bei Haustürgeschäften nicht mehr am Tag der Vertragsunterzeichnung zur Zahlung aufgefordert werden – es sei denn, die Ware oder Dienstleistung kostet weniger als 50 €.


Mietspiegel: klarer und ab 50.000 Einwohnern Pflicht


Ab dem 1. Juli werden Mietspiegel für Städte ab 50.000 Einwohnern Pflicht – und die Mindeststandards zu deren Erstellung jetzt klarer gefasst: zufällig aus einer Stichprobe ausgewählte Vermieter und Mieter sind dann verpflichtet, Wohnungsgröße, Mietpreis und sonstige wohnungsrelevante Daten mitzuteilen, ansonsten droht ein Bußgeld von bis zu 5.000 €.


Mehr Mindestlohn, höhere Mindestausbildungsvergütung, höhere Sozialleistungen


Der gesetzliche Mindestlohn steigt zum 1. Januar von derzeit 9,60 € auf 9,82 Euro und zum 1. Juli 10,45 Euro pro Stunde vor. Auch die Mindestlöhne zahlreicher Handwerksbranchen steigen, etwa für Elektriker, Gebäudereiniger, Gerüstbauer, Maler und Lackierer oder Schornsteinfeger.


Wer ab Januar  eine Ausbildung in einem Beruf, der in dem Berufsausbildungsgesetz oder der Handwerksordnung geregelt ist, beginnt, erhält im ersten Jahr eine Ausbildungsvergütung von mindestens 585 (statt bisher 550) €, in den Folgejahren Aufschläge von 18, 35 und 40 %. Etwa tarifvertraglich festgesetzte höhere Mindestausbildungsvergütungen bleiben davon unberührt.


Das Arbeitslosengeld II („Hartz IV“) wird geringfügig um 3 bzw. für unter 13jährige 2 Euro erhöht und soll im weiteren Verlauf des Jahres in „Bürgergeld“ umbenannt und inhaltlich – unter anderem durch bessere Hinzuverdienstmöglichkeiten – anders ausgestaltet werden.


Arbeitslosenversicherung: Arbeitgeberan­teil für Rentner


Arbeitgeber müssen ab Januar  den zwischenzeitlich weggefallenen Arbeitgeberanteil zur Arbeitslosenversicherung für Rentner wieder zahlen.


Mehr Porto, mehr Pfand, weniger Plastiktüten


Die Deutsche Post erhöht zum 1. Januar das Porto für Standard-, Kompakt-, Groß- und Maxibrief sowie für Bücher- und Warensendungen um jeweils 5 sowie für Einschreiben um jeweils 15 Cent. 


Auch auf Einweggetränkeflaschen auf Kunststoff mit einer Größe von bis zu 3 Litern wird dann Pfand erhoben. Eine Ausnahme gilt bis 2024 noch für Kunststoffflaschen mit Milchgetränken. Noch im Umlauf befindliche Flaschen können bis zum 1. Juli pfandfrei verkauft werden.


Schließlich darf der Handel ab Januar keine Einkaufstüten aus Plastik mit einer Wandstärke von 15 bis 50 Mikrometern mehr ausgeben. Weiterhin erlaubt sind dagegen dickere Tüten sowie die sehr dünnen Plastiktüten für Obst und Gemüse.

ArbG Darmstadt: coronaleugnender Berufsschullehrer durfte gekündigt werden


Die Kündigung eines Berufsschullehrers, der die Corona-Pandemie geleugnet und Schutzmaßnahmen missachtet hat, ist rechtmäßig. Das hat das Arbeitsgericht Darmstadt in einem jetzt veröffentlichten Urteil vom 9.11.2021 (9 Ca 163/21) entschieden.


Der Lehrer wurde bereits im November 2020 abgemahnt, nachdem er gegenüber seinen Schülern das (durch ihn selbst nicht korrekt erfolgende) Tragen einer Maske als nutzlos und die Corona-Pandemie als Verschwörung der weltweiten Pharmaindustrie bezeichnet und ihre Existenz geleugnet hatte. Dennoch lüftete er den Klassenraum nicht, tolerierte, dass seine Schüler keine Maske trugen und äußerte ihnen gegenüber, er müsse befürchten, in ein KZ für Impfgegner zu kommen, wenn er sich nicht impfen lasse.


Die Klage gegen die daraufhin ausgesprochene Kündigung hatte keinen Erfolg: der Lehrer habe trotz Abmahnung, die hier sogar entbehrlich gewesen sei, unter Verweis auf seine Meinungsfreiheit nicht eingesehen, dass Arbeitsschutzvorschriften einzuhalten sind.


Es sei zu befürchten, dass er auch nach einer Rückkehr zu seinem Arbeitsplatz weiterhin Schüler verunsichern und die Durchsetzung zwingend vorgegebener Infektions- und Arbeitsschutzmaßnahmen gefährden werde. Nicht hinzunehmen seien schließlich die völlig fernliegenden Vergleiche zwischen der Verpflichtung, entsprechende Maßnahmen zu befolgen, und der NS-Diktatur.

 

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

OLG Köln: Kostenteilung bei coronabedingter Hotelstornierung


Die coronabedingte Stornierung eines vor Ausbruch der Corona-Pandemie gebuchten Hotelzimmers kann eine hälftige Kostenteilung rechtfertigen. Das geht aus einem Urteil des Oberlandesgerichts Köln vom 14.06.2021 (1 U 9/21) hervor.


Geklagt hatte eine Firma, die an einer für April 2020 in Köln geplanten Messe teilnehmen wollte und dazu für ihre Mitarbeiter mehrere Hotelzimmer gebucht und im Voraus bezahlt hat. Nach coronabedingter Absage der Messe stornierte sie die Zimmer. Die beklagte Hotelkette erstattete daraufhin – wie bei der Buchung vereinbart – 10 Prozent der Anzahlung und behielt den Rest ein. Das Landgericht Köln hat die Klage der Firma auf Rückzahlung der restlichen 90 Prozent abgewiesen (Urteil vom 29.10.2020, 86 O 21/20).


Die hiergegen gerichtete Berufung war teilweise erfolgreich: nach der coronabedingten Absage der Messe könne es der Firma nicht zugemutet werden, unverändert an dem Vertrag – einschließlich der Stornierungsbedingungen – festzuhalten. Bei Abschluss des Vertrages habe auf beiden Seiten die Vorstellung bestanden, dass es nicht zu einer Pandemie kommen werde, die das öffentliche Leben weitgehend stilllegt.


Das Auftreten der Pandemie, auf der sowohl die Absage der Messe, als auch das spätere Beherbergungsverbot der Stadt Köln beruhe, sei daher eine schwerwiegende Änderung der Umstände, die sich beide Seiten für eine Vertragsabwicklung vorgestellt hätten. Die Kostentragung könne daher auch nicht davon abhängen, dass die Firma zufällig bereits vor dem Beherbergungsverbot, das es der Hotelkette unmöglich gemacht hätte, ihre vertraglich geschuldete Leistung zu erbringen, storniert habe.


Da auch die coronabedingte Absage der Messe nicht im Risikobereich der Parteien liege, sei es für die Firma unzumutbar, das Risiko alleine zu tragen. Vielmehr erscheine eine hälftige Teilung des Risikos (und damit auch der Buchungskosten) sachgerecht.


Die Revision hat das OLG nicht zugelassen.

AG Hannover: Kontakt mit infiziertem Hotelmitarbeiter kein Reisemangel


Der Kontakt mit einem Covid-19-infizierten Hotelmitarbeiter ist kein Reisemangel. Das hat das Amtsgericht Hannover (Urteil vom 12.04.2021, 570 C 12046/20) entschieden.


Geklagt hatte eine Familie, die im Sommer 2020 einen Cluburlaub in Österreich gebucht hatte. Die durch das Hotel regelmäßig an seinen Mitarbeitern durchgeführten Coronatests waren bis zur Anreise der Kläger negativ. Nachdem nach der Anreise ein Mitarbeiter positiv getestet wurde, stand eine Ansteckung der Kläger im Raum, die von den zuständigen Behörden vor die Wahl gestellt wurden, den restlichen Urlaub in Quarantäne zu verbringen oder abzureisen. Ersteres kam für die Kläger nicht in Betracht, sodass sie behördlich angewiesen wurden, auf der kürzestmöglichen Route die Heimreise anzutreten.


Der beklagte Reiseveranstalter zahlte den Reisepreis nur teilweise zurück. Die daraufhin erhobene Klage auf Rückzahlung des gesamten Reisepreises und Schadensersatz für Fahrtkosten sowie nutzlos aufgewendete Urlaubszeit hatte insgesamt keinen Erfolg: ein solcher Anspruch setze das Bestehen eines Reisemangels voraus, an dem es hier fehle.


Es sei nicht ersichtlich, dass eine Vereinbarung mit dem Inhalt getroffen worden sei, dass während der Reise kein Hotelmitarbeiter an Covid-19 erkranken oder eine Behörde deshalb keine Maßnahmen gegen die Kläger verhängen würde. Die Reise weiche insofern nicht von der vereinbarten Beschaffenheit ab.


Der Reise fehle auch keine Beschaffenheit, die bei Reisen der gleichen Art üblich ist und von den Klägern nach der Art der Reise erwartet werden kann: erwartet werden könne, dass keine Schädigung durch Umstände, die der Veranstalter beherrschen kann, oder ein schuldhaftes Verhalten von Erfüllungsgehilfen des Veranstalters erfolge. Die Erkrankung des Hotelmitarbeiters habe der Veranstalter nicht beherrschen und damit auch keine Erwartung der Kläger, während ihrer Reise auf keine positiv getestete Personen zu treffen und den hiermit einhergehenden Beeinträchtigungen ausgesetzt zu sein, begründen können. Vielmehr habe sich hier ein typisches allgemeines Lebensrisiko verwirklicht, das außerhalb der von dem Veranstalter geschuldeten Leistung stehe und für das dieser nicht einstehen müsse.


Dass der Hotelmitarbeiter seine Erkrankung schuldhaft verursacht habe, sei weder ersichtlich, noch von den Klägern vorgetragen.


Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Frohes Neues: das ändert sich 2021!

 

Neues Jahr, neue Gesetze: welche Änderungen sind zum 1. Januar in Kraft getreten? Ein Überblick.


CO2-Abgabe kommt

 

Zum 1. Januar wird eine CO2-Abgabe von 25 € pro Tonne CO2 eingeführt, was zu höheren Benzinpreisen und Heizkosten führen wird. Empfänger von Wohngeld werden daher bei den Heizkosten mit 15 € zusätzlich je Monat entlastet; für weitere Haushaltsmitglieder kommt ein Mehrbetrag hinzu.

 

Mehr Mindestlohn, mehr Ausbildungsvergütung


Der Mindestlohn steigt zum 1. Januar auf 9,50 Euro brutto und zum 1. Juli  auf 9,60 Euro brutto pro Monat. In einigen Handwerken, in denen tarifvertraglich ein höherer Mindestlohn festgelegt ist, steigt dieser ebenfalls, so etwa im Elektrohandwerk. Für Beschäftigte in der Altenpflege erfolgt der Anstieg in zwei Stufen: zunächst im April, anschließend nochmals im September. Die Mindestausbildungsvergütung steigt ebenfalls auf 550 Euro.


Elektronisches Meldeverfahren bei Arbeitsunfähigkeit


Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen werden ab Januar durch den Arzt sukzessive auf elektronischem Weg direkt an die Krankenkasse übermittelt, bei der wiederum der Arbeitgeber den Zeitraum der Arbeitsunfähigkeit online abrufen kann. Bis Ende des Jahres muss übergangsweise zusätzlich eine analoge Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausgestellt werden.

 

Neu für Geringverdiener: Grundrente


Zum 1. Januar tritt die Grundrente für Geringverdiener in Kraft. Wer aufgrund von Beschäftigung, Kindererziehung oder Pflege 33 Jahre an Versicherungszeiten nachweisen kann, erhält zusätzlich zur bestehenden Rente einen Zuschlag auf seine selbst erarbeiteten Ansprüche, wenn die Entgeltpunkte des Erwerbslebens unterdurchschnittlich, aber nicht ganz gering waren. Voraussetzung für den vollen Zuschlag ist der Nachweis von 35 Jahren.


Höheres Kindergeld, höherer Grundfreibetrag, höhere Sozialleistungen, Soliabbau


Das monatliche Kindergeld erhöht sich um 15 Euro. Zugleich wird der Kinderfreibetrag eines Elternpaares insgesamt auf 8.388 Euro erhöht. Ebenfalls angehoben wird der steuerliche Grundfreibetrag (auf 9.744 Euro), bis zu dem das Einkommen steuerfrei ist sowie die Grenze, bis zu der kein Solidaritätszuschlag anfällt.


Auch die Leistungen für Bezieher von Sozialhilfe oder Arbeitslosengeld II („Hartz IV“) erhöhen sich ab Januar, letzteres für Kinder bis 5 Jahre und Jugendliche deutlich, der Regelbedarf für Alleinstehende immerhin um 14 €.


Mehrwertsteuer: (fast) alles wieder beim Alten


Die zeitweilige Senkung der Mehrwertsteuer endet am 31. Dezember. Anschließend gelten wieder die alten Steuersätze (19 bzw. 7 Prozent) – mit einer Ausnahme: der Mehrwertsteuersatz für Speisen in Restaurants und Gaststätten steigt bis zum 30. Juni lediglich von 5 auf 7 Prozent und erst danach wieder auf 19 Prozent.


Mehr Persönlichkeitsschutz  


„Downblousing“ und „Upskirting“ (heimliche Aufnahmen der Genitalien, des Gesäßes und der weiblichen Brust durch eine über den Ausschnitt oder unter das Kleid gehaltene Kamera und deren Verbreitung) sind ab Januar ebenso strafbar wie bereits das Anfertigen von „Gaffervideos“ – bislang war ausschließlich deren Verbreitung strafbar.

VG Koblenz: klingelnder Handywecker in Klausur kein Täuschungsversuch


Die Klausur eines Studenten darf nicht allein deshalb mit „nicht ausreichend“ bewertet werden, weil während der Klausur der Handywecker klingelte. Das hat das Verwaltungsgericht Koblenz (Urteil vom 15.10.2020, 4 K 116/20.KO) entschieden.


Geklagt hatte ein Bachelorstudent, dessen etwa 40 Meter von seinem Arbeitsplatz entferntes Handy sich während der Klausur im Flugmodus befand. Die Klausuraufsicht wertete das Klingeln des Handyweckers als Täuschungsversuch und verwies den Studenten das Raumes. Die Klausur wurde mit „nicht ausreichend“ bewertet.


Zu Unrecht, wie jetzt das VG entschied: die einschlägige Prüfungsordnung – nach der es verboten ist, Handys eingeschaltet mit in den Prüfungsraum zu nehmen – biete keine ausreichende Grundlage, um das Klingeln des Handyweckers als Täuschungsversuch zu werten. Ob das Handy im Flugmodus in diesem Sinne „eingeschaltet“ und damit kommunikationsbereit gewesen sei, könne dahinstehen. Erforderlich sei jedenfalls, dass sowohl das zu sanktionierende Verhalten, als auch die daran anknüpfende Sanktion eindeutig festgelegt sei. Daran fehle es, anders als beispielsweise bei einer Mitnahme des Handys direkt an den Arbeitsplatz, im vorliegenden Fall. Die Klausur könne daher nicht mit „nicht ausreichend“ bewertet werden.


Durch das Klingeln des Handyweckers sei auch der Prüfungsablauf nicht gestört worden; eine hierauf gestützte Sanktionierung sei aufgrund der Umstände des Einzelfalles nicht verhältnismäßig.


Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

VGH München bestätigt Widerruf der Approbation bei unerlaubten Bankgeschäften


Die Approbation eines Arztes, der unerlaubte Bankgeschäfte betreibt und damit auch bei seinen Patienten hohe Vermögensschäden verursacht, ist wegen Unwürdigkeit zu widerrufen.


Ein Arzt hatte seinen Patienten angeboten, sich an (ihm als „völlig sicher“ dargestellten und von ihm dann auch so beworbenen) Geldanlagen zu beteiligen und von diesen 1,5 Millionen € zur Verfügung gestellt bekommen. Tatsächlich war das Anlagesystem auf Betrug aufgebaut. Der Arzt wurde rechtskräftig wegen vorsätzlichen unerlaubten Betreibens von Bankgeschäften zu einer Bewährungsstrafe verurteilt; weiterhin wurde seine Approbation als Arzt wegen Unwürdigkeit zur Ausübung des ärztlichen Berufs widerrufen. Die hiergegen gerichtete Klage hat das Verwaltungsgericht München abgewiesen (Urteil vom 3.12.2015, M 16 K 14.2693).


Mit Beschluss vom 19.05.2020 (21 ZB 16.540) hat der Verwaltungsgerichtshof München den Antrag des Arztes auf Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil abgelehnt.


Die Approbation sei zwingend zu widerrufen gewesen, da sich aus dem Verhalten des Arztes seine Unwürdigkeit zur Ausübung des ärztlichen Berufs ergebe. Zwar sei ein Widerruf der Approbation wegen des besonders schweren Eingriffs in die Berufsfreiheit nur zum Schutz besonders wichtiger Gemeinschaftsgüter zulässig.


Diese Voraussetzung sei aber im Hinblick auf den verfolgten Zweck, das Ansehen der Ärzteschaft in der Öffentlichkeit zu schützen, um das für die Heilbehandlung unabdingbare Vertrauen in deren Integrität aufrechtzuerhalten, erfüllt: eine fortdauernde Tätigkeit von Ärzten, die ein Fehlverhalten gezeigt haben, das mit dem Berufsbild schlechthin nicht zu vereinbaren ist, würde dieses Vertrauen zerstören. Der Widerruf sei daher auch verhältnismäßig, zumal sich die Bankgeschäfte im vorliegenden Fall über einen langen Zeitraum erstreckt, eine hohe Geldsumme umfasst und der Arzt in der Absicht, für sich einen finanziellen Gewinn zu erzielen, die Geldanlage als völlig risikolos dargestellt habe.


Dass der Arzt durch das Anlagemodell selbst auch einen erheblichen finanziellen Schaden erlitten habe, könne die gravierenden Folgen seines Verhaltens für die Patienten nicht mindern.

VG Köln bestätigt Maskenpflicht während Klausur


Das Verwaltungsgericht Köln hat mit Beschluss vom 17.07.2020 (6 L 1246/20) eine Regelung der Universität zu Köln bestätigt, nach der während einer Klausur die Verpflichtung zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes besteht.


Ein Student hatte beantragt, zwei Klausuren im Fach Jura ohne Einhaltung der Maskenpflicht schreiben zu dürfen. Es sei ausreichend, die Einhaltung des Abstandsgebots zu anderen Personen zu verlangen bzw. Plexiglasscheiben aufzubauen.


Dem ist das Gericht nicht gefolgt: die Maskenpflicht sei verhältnismäßig. Zwar sei bislang nicht wissenschaftlich nachgewiesen, dass Masken zur Verringerung der Infektionszahlen geeignet seien. Die Universität habe sich jedoch auf die aktuelle Empfehlung des Robert-Koch-Instituts berufen und davon ausgehen dürfen, dass das Tragen einer Maske eine Ansteckungsgefahr jedenfalls reduziere. Die von dem Antragsteller vorgeschlagenen Plexiglasscheiben könnten dagegen eine Verbreitung insbesondere von Aerosolen nicht ebenso effektiv verhindern.


Im Ergebnis müssten die prüfungsrechtlichen Interessen des Antragstellers - auf die die Universität etwa dadurch Rücksicht genommen habe, dass nicht bestandene Klausuren als nicht unternommen gelten und wiederholt werden können - hinter dem Schutz von Leben und Gesundheit der anderen Prüflinge, der mit der Regelung bezweckt sei, zurücktreten.


Der Beschluss ist bislang nicht rechtskräftig.

VGH Mannheim: auch Bars und Kneipen dürfen draußen bewirten


Nach dem 29.05.2020 dürfen in Baden-Württemberg auch Bars und Kneipen wieder draußen bewirten. Das hat der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Mannheim (Beschluss vom 27.05.2020, 1 S 1528/20) entschieden.


Der Antragsteller ist Inhaber einer Bar in Freiburg, die - wogegen er hier vorging - seit März 2020 aufgrund der Corona-Verordnung geschlossen ist. Speisen darf er dort nicht anbieten.


Der VGH hat dem Antrag stattgegeben, soweit der Antragsteller auch über den 29.05.2020 hinaus keine bestuhlten Außenbewirtungsbereiche betreiben darf. Diese Untersagung sei gleichheitswidrig, da Speisewirtschaften ein solcher Betrieb erlaubt sei, Bars und Kneipen ohne sachlichen Grund jedoch nicht.


Die Corona-Verordnung nehme ersichtlich an, dass das Infektionsrisiko bei Einhaltung der Hygiene- und insbesondere Abstandsvorgaben unter freiem Himmel deutlich geringer sei als in Innenräumen. Es sei dann nicht gerechtfertigt, Speisegaststätten eine Innen- und Außenbewirtschaftung wieder zu erlauben, Bars und Kneipen aber noch vollständig geschlossen zu halten. Zwar könne der Konsum alkoholischer Getränke wegen seiner enthemmenden Wirkung Infektionsgefahren erhöhen. Dies betreffe aber auch Biergärten oder andere Außenbereiche von Speisewirtschaften.


Die Innenbewirtschaftung versagte der VGH dem Antragsteller dagegen: hier bestünden wesentliche Unterschiede zwischen Speise- und Schankwirtschaften, die typischerweise räumlich anders gestaltet und mehr auf eine Kontaktaufnahme unter den Gästen ausgelegt seien, sodass dort beim Zusammentreffen von Menschen und dem Konsum überwiegend alkoholischer Getränke ein erhöhtes Infektionsrisiko bestünde.


Durch die Außervollzugsetzung erst mit Ablauf des 29.05.2020, soll dem Land Baden-Württemberg im Interesse infektionsschutzrechtlicher Belange Gelegenheit gegeben werden, die Corona-Verordnungen an den Beschluss des VGH - der darauf hinweist, dass dieser wegen der dort erhöhten Infektionsgefahren nicht für Shisha-Bars, Clubs und Diskotheken gilt - anzupassen.


Der Beschluss ist unanfechtbar.

VG Minden: Distanz auch zu fremden Haustieren!


Zur Eindämmung der Corona-Pandemie sind auch Maßnahmen zur Distanzierung von Tieren, die nicht dem eigenen Haushalt angehören, angemessen. Das hat das Verwaltungsgericht Minden (Beschluss vom 31.03.2020, 7 L 257/20) entschieden.


Die Betreiberin eines Hundesalons hatte die Anordnung der aufschiebenden Wirkung beantragt, nachdem eine Ordnungsverfügung die Schließung des Salons angeordnet hat. Dessen Abläufe hat sie zuvor Vermeidung direkter Kontakte dahingehend umgestaltet, dass Kunden die Räumlichkeiten nicht mehr betreten durften, sondern ihre Hunde an der Eingangstür abgeben mussten. Für denkbar hielt sie auch, die Hunde zukünftig vor der Eingangstür anzubinden.


Das Gericht hat den Antrag abgelehnt. Zwar sei wegen der Möglichkeit, die Hunde vor der Eingangstür anzubinden und damit jedenfalls den Mindestabstand zwischen Personen aufrechtzuerhalten, der Betrieb des Hundesalons derzeit nicht durch die Coronaschutzverordnung verboten.


Dennoch sei die Ordnungsverfügung voraussichtlich rechtmäßig. Auch im Gebiet der Antragstellerin sei zu befürchten, dass sich über die bereits erkrankten Personen hinaus weitere Personen infiziert haben, sodass ein Vorgehen nach § 28 IfSG, nach dem nicht lebensnotwendige Dienstleitungen verboten werden können, in Betracht komme.


Der hierunter fallende Betrieb des Hundesalons erfordere das Aufsuchen der Räumlichkeiten und den direkten Umgang mit fremden Haustieren. Eine Weiterverbreitung des Virus könne auch bei einem Betrieb ohne direkten menschlichen Kontakt nicht völlig ausgeschlossen werden. Im Hinblick auf drohende Gefahren sei auch eine Distanzierung von fremden Haustieren angemessen.


Jedenfalls überwiege das Rechtsgut der menschlichen Gesundheit deutlich die wirtschaftlichen Interessen der Betreiberin des Hundesalons.


Update: nachdem das Gericht im Nachgang des Beschlusses von einer Erklärung der zuständigen Behörde erfahren hat, wonach diese den Betrieb gar nicht schließen, sondern lediglich auf die Coronaschutzverordnung hinweisen wollte, hat es den Beschluss abgeändert: nun überwiege das Interesse der Betreiberin, die den Hundesalon damit wieder öffnen darf (Beschluss vom 2.04.2020, 7 L 272/20).

Job, Miete, Leben - was ändert sich durch Corona?

 

Das Corona-Virus breitet sich weiter aus. Nahezu minütlich werden wir mit neuen Entwicklungen konfrontiert, die auch zahlreiche Rechtsfragen aufwerfen. Rechtsanwalt Daniel Wex beantwortet einige davon.

 

Arbeitsrecht: darf/ muss ich (im Homeoffice) arbeiten und bekomme ich mein Gehalt?


Ihren Vergütungsanspruch behalten Sie, wenn Ihr Arbeitgeber Sie freistellt oder aufgrund einer behördlichen Anordnung schließt, nicht aber, wenn Sie von sich aus fernbleiben - dann fehlen Sie zudem unentschuldigt, was zur Kündigung führen kann. Das gilt auch, wenn Sie (was Sie Ihrem Arbeitgeber mitteilen müssen, der seinerseits über Ansteckungsrisiken zu informieren hat) in einem Risikogebiet waren oder Kontakt zu einer infizierten Person hatten.


Auf eine Homeoffice-Tätigkeit haben weder Sie einen Anspruch, noch darf Ihr Arbeitgeber sie einseitig anordnen. Haben Sie sich einvernehmlich darauf geeinigt, muss Ihr Arbeitgeber Sie mit den erforderlichen Arbeitsmitteln ausstatten. Während Ihrer Homeoffice-Tätigkeit genießen Sie Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung, soweit ein direkter Zusammenhang zu Ihrer Arbeit besteht.


Kurzarbeit darf eingeführt werden, wenn das im Tarif- oder Arbeitsvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung geregelt ist (was auch nachträglich geschehen kann) und ein unvermeidbarer erheblicher Arbeitsausfall vorliegt, der auf externen Umständen beruht und nur vorübergehender Natur ist. Der Arbeitgeber zeigt dabei der zuständigen Agentur für Arbeit zunächst schriftlich an, dass Kurzarbeit angeordnet wurde. Die entscheidet dann, ob die Voraussetzungen für die Zahlung von Kurzarbeitergeld vorliegen und erlässt einen entsprechenden Bescheid. Der Arbeitgeber berechnet das Kurzarbeitergeld, zahlt es an Sie aus und beantragt sodann die Erstattung bei der Agentur für Arbeit.


Ein Urlaub schließt Kurzarbeitergeld aus, da er Arbeitsausfall gerade vermeidet. Einseitig Urlaub anordnen darf Ihr Arbeitgeber nur, sofern es sich um den Resturlaub handelt. Ansonsten muss er bei der Urlaubsplanung Ihre Wünsche berücksichtigen.


Wenn Ihr Kind erkrankt ist, haben Sie einen Anspruch auf Freistellung bei gleichzeitiger Entgeltfortzahlung für bis zu 10 Tage im Jahr. Ansonsten dürfen Sie nur für einen kurzen Zeitraum fernbleiben und versuchen, andere Betreuungsmöglichkeiten zu finden.


Sind Sie selbst infiziert, hat das auf Ihren Entgeltfortzahlungsanspruch nach dem EFZG keinen Einfluss. Wurde gegen Sie zugleich ein Tätigkeitsverbot angeordnet wurde, besteht ein Entschädigungsanspruch nach dem IfSG: hier werden Sie vom Staat entschädigt, wobei der Arbeitgeber in Vorleistung tritt und anschließend die Erstattung der gezahlten Beträge beantragt. Ausschließlich dieser Anspruch besteht, wenn Sie in Quarantäne sind: hier sind Sie nicht erkrankt, sodass das EFZG von vornherein nicht greift.


Für Selbstständige und Freiberufler kommt unter Umständen eine Entschädigung für ihren Verdienstausfall nach dem Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (IfSG) auf der Grundlage der letzten Jahreseinnahmen in Betracht.


Mietrecht: kann ich gekündigt werden, die Miete mindern oder umziehen?


Mietern, die nachweisen können, dass sie ihre Miete wegen des Corona-Virus nicht zahlen können, wird die Miete zunächst für den Zeitraum 1.04.2020-30.06.2020 gestundet. Die Zahlung des Rückstandes muss dann bis zum 30.06.2022 erfolgen. Erst wenn das unterbleibt, kann der Vermieter kündigen.


Grundsätzlich bleiben Sie zur Zahlung der Miete verpflichtet und riskieren die Kündigung Ihres Mietvertrages, wenn Sie „einfach so“ die Miete aussetzen. Suchen Sie bei Zahlungsschwierigkeiten das Gespräch mit Ihrem Vermieter! Das gilt je nach vertraglicher Risikoverteilung vielfach auch für Gewerberäume. Ordnet die zuständige Behörde die vollständige oder teilweise Schließung Ihres Betriebs an, begründet das regelmäßig keinen Mangel an der Mietsache selbst - der von vornherein ausscheidet, wenn Sie selbst aus wirtschaftlichen Gründen schließen.

 

Ist Ihr Nachbar infiziert, können Sie von Ihrem Vermieter keine besonderen Schutzmaßnahmen verlangen. Das ist Aufgabe des zuständigen Gesundheitsamtes. Daher hat Ihr Vermieter auch jetzt keine besonderen Zutrittsrechte.

 

Einen anstehenden Umzug können Sie grundsätzlich durchführen, wenn keine Ausgangssperre besteht - und Ihre neue Wohnung frei ist. Steht etwa deren bisheriger Mieter unter Quarantäne, hat seine Gesundheit Vorrang vor einer Räumung.

 

Familienrecht: muss ich noch Unterhalt zahlen? Darf ich den Umgang aussetzen?


Grundsätzlich können Sie bestehende Unterhaltsregelungen nur bei einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse abändern. Es gilt also in der Regel, abzuwarten, wie lange Sie welchen Verdienstausfall erleiden und inwieweit Sie diesen aus Rücklagen kompensieren können.


Eine Wahrnehmung des Umgangs ist unmöglich, wenn das Kind - dessen Wohl im Einzelfall immer entscheidend ist - am Corona-Virus erkrankt ist und in Quarantäne muss. Ein Verstoß hiergegen ist strafbar. Es sollten dann Ersatztermine vereinbart und Telefonate des Kindes mit dem Elternteil, das den Umgang nicht ausüben kann, ermöglicht werden. Wer das Corona-Virus zur Umgangsvereitelung missbraucht, begründet jedenfalls Zweifel an seiner Erziehungsfähigkeit, was sorgerechtliche Folgen haben kann.


Betriebsschließung und Ausgangssperre: wer darf was anordnen und welche Rechte habe ich?


Das richtet sich im Wesentlichen nach dem IfSG, das verschiedene Grundrechte ausdrücklich einschränkt und die Anordnung aller notwendiger Schutzmaßnahmen erlaubt - auch gegen die Allgemeinheit oder einzelne Personen, von denen selbst keine Gefahr ausgeht. Bei einer solchen Anordnung handelt es sich um einen Verwaltungsakt. Hiergegen können Sie Widerspruch und Anfechtungsklage erheben, was aber keine aufschiebende Wirkung entfaltet.


Die Spanne der möglichen Schutzmaßnahmen ist äußerst weit gefasst: in Betracht können sowohl die Schließung einzelner Betriebe, als auch das Verbot von Ansammlungen ab einer bestimmten Personenzahl (wie jüngst beispielsweise von der Stadt Dortmund erlassen) oder mögliche Ausgangssperren kommen. Voraussetzung ist immer, dass die konkrete Maßnahme verhältnismäßig ist, wobei hier ein großer Einschätzungsspielraum besteht.


Verstoßen Sie gegen eine solche Maßnahme, kann diese vollstreckt werden. Außerdem machen Sie sich je nach Einzelfall strafbar oder begehen eine Ordnungswidrigkeit.


Zuständig ist in der Regel das örtlich zuständige Gesundheitsamt.


Unter Umständen können Sie Schadensersatz verlangen oder die von der Bundesregierung angekündigten Unterstützungsmaßnahmen in Anspruch nehmen.


Schule und Ausbildung: was wird aus meinen Prüfungen?


Schüler, die die Leistungsnachweise für die Zulassung zur Abiturprüfung noch nicht vollständig erbracht haben, schreiben die ausstehenden Vorklausuren nach den Osterferien. Die Abiturprüfungen selbst finden jetzt ab dem 12. Mai 2020 unter Berücksichtigung des IfSG statt, weitere schriftliche Leistungsprüfungen jedenfalls bis zum Ende der Osterferien nicht.


Solange der Unterricht ruht, stellen die Schulen Aufgaben zur Verfügung, deren Bearbeitung von den Schülern erwartet werden kann. Diese Aufgaben werden in der Regel nicht benotet, da sich die Leistungsbewertung auf die Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten bezieht, die im Unterricht vermittelt wurden.


Zahlreiche Universitäten haben den Semesterstart verlegt, Prüfungen abgesagt und die Abgabefrist für Hausarbeiten verlängert. Auf Ihre BAföG-Förderung hat das keine Auswirkungen. Die meisten Bibliotheken sind geschlossen - nutzen Sie etwa bestehende Onlineangebote! Haben Sie bereits Medien ausgeliehen, werden deren Rückgabefristen angepasst.


Die Klausuren und mündlichen Prüfungen in juristischen und anderen Staatsexamen wurden in vielen Bundesländern ausgesetzt, sollen teilweise aber auch wie geplant stattfinden. Nehmen Sie an einer solchen Prüfung aus medizinischen Gründen nicht teil, können Sie diese unter Umständen später nachholen.


Die Industrie- und Handelskammern in Deutschland verschieben ihre für April und Mai geplanten Abschluss- und Weiterbildungsprüfungen, die jetzt im Sommer oder Herbst nachgeholt werden sollen.



Justiz und Verwaltung: was kann ich jetzt noch erledigen?

 

Der Betrieb in Gerichten und Staatsanwaltschaften ist auf das zwingend erforderliche Maß beschränkt. Sitzungen finden nur noch statt, wenn die keinen Aufschub dulden. Es entscheiden die Gerichte in richterlicher Unabhängigkeit nach den konkreten Umständen des Einzelfalls. Informieren Sie sich im Zweifel beim Gericht. Rechtsantragsstellen sind weiterhin für Eilanträge - die aber vorrangig schriftlich vorgebracht werden sollen - geöffnet. Wer in den letzten 14 Tagen in einem Risikogebiet war, Kontakt zu einer infizierten Person hatte oder selbst Symptome zeigt, hat keinen Zutritt zu Gerichts- und Bürogebäuden.

 

Ob und in welchem Umfang Behörden geöffnet sind, entnehmen Sie bitte den entsprechenden Onlineauftritten. Eine Übersicht für Dortmund finden Sie unter https://www.dortmund.de/de/leben_in_dortmund/gesundheit/informationen_zum_coronavirus/verwaltung/index.html.

SG Dortmund: kein Unfallversicherungsschutz für ehrenamtliche Katzenfütterer

 

Wer einen Unfall erleidet, während er ehrenamtlich für einen Tierschutzverein streunende Katzen füttert, hat keinen Anspruch auf Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung. Das hat das Sozialgericht Dortmund in einem nunmehr bekannt gewordenen Urteil vom 6.06.2019 (S 18 U 452/18) entschieden.


Die Klägerin hatte im Rahmen ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit in einem gemeinnützigen Tierschutzverein streunende Katzen gefüttert und dabei einen Verkehrsunfall erlitten, woraufhin sie erfolglos Ansprüche gegenüber der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft geltendmachte.


Die hiergegen gerichtete Klage war erfolglos: die Verwaltungs-Berufsgenossenschaft habe das Vorliegen eines Arbeitsunfalls zurecht abgelehnt, da die Klägerin keine abhängige Beschäftigung ausgeführt habe.


Auch sei die Klägerin keine „Wie-Beschäftigte“, da ihre Tätigkeit auch in ihrer Grundstruktur keiner abhängigen Beschäftigung gleichkomme. Es handele sich um eine ehrenamtliche Freizeitbeschäftigung, die die Klägerin aus Tierliebe übernommen habe. Zudem sei der Tierschutzverein nicht als Arbeitgeber aufgetreten, sondern habe sich lediglich seiner ehrenamtlichen Mitglieder bedient und weder Gehalt, noch Aufwandsentschädigung gezahlt.


Die Klägerin könne weiterhin keinen Versicherungsschutz für Tätigkeiten beanspruchen, die konkreter Inhalt der Vereinszugehörigkeit seien. Hierfür könne der Verein entsprechende Versicherungen abschließen.


Einen Vergleich mit versicherten Personen, die im Rahmen einer Tierpatenschaft Hunde ausführen, lehnte das Gericht ebenfalls ab: diese Tätigkeit werde nämlich gerade auch durch angestellte Tierpfleger erledigt, sodass hier auch Versicherungsschutz bestehen könne, wenn ein Dritter diese Aufgabe übernehme.


Das Urteil ist rechtskräftig.


Frohes Neues: das ändert sich 2020!

 

Neues Jahr, neue Gesetze: welche Änderungen sind zum 1. Januar in Kraft getreten? Ein Überblick.


Smart Meter-Pflicht


Haushalte mit einem jährlichen Stromverbrauch von mehr als 6.000 kWh sind nun verpflichtet, ein „intelligentes Messsystem“ („Smart Meter“) einzubauen, das den Verbrauch erfasst und die Daten auch digital an Stromversorger und Netzbetreiber übermittelt.


Höherer Mindestlohn, höhere Sozialleistungen


Der gesetzliche Mindestlohn steigt von 9,19 € auf 9,35 €. Das gilt allerdings nicht für Jugendliche unter 18 Jahren ohne abgeschlossene Berufsausbildung, Auszubildende während der Berufsausbildung (die aber ab Januar eine Mindestausbildungsvergütung erhalten), Praktikanten, wenn das Praktikum während der Schul- oder Hochschulzeit Pflicht ist oder nicht länger als drei Monate dauert und der beruflichen Orientierung oder der Aufnahme eines Studiums dient, Jugendliche in einer Einstiegsqualifizierung, Langzeitarbeitslose in den ersten sechs Beschäftigungsmonaten nach Beendigung der Arbeitslosigkeit und Ehrenamtliche.


Höherer Branchenmindestlöhne gibt es ab dem 1. Januar für Dachdecker und Elektrohandwerker, ab Mai für Maler und Lackierer und ab Dezember für Gebäudereiniger.


Ebenfalls ab dem 1. Januar erhalten Empfänger von Arbeitslosengeld II („Hartz IV“), Sozialhilfe und Grundsicherung um 1,88 % (d. h. zwischen 5,00 € und 8,00 €) erhöhte Leistungen.


Der Kinderzuschlag liegt dann bei 185 Euro; die oberen Einkommensgrenzen fallen weg. Das Einkommen wird zudem nur noch zu 45 Prozent angerechnet, wenn es über den eigenen Bedarf hinausgeht.


Veränderte Ausbildung im Pflegebereich


Anstelle der bislang eigenständigen Ausbildungen zum Altenpfleger, Gesundheits- und Krankenpfleger und Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger tritt nun eine generalisierte Ausbildung zum „Pflegefachmann“, bei der zwischen vier Vertiefungsrichtungen gewählt werden kann.


Rückkehr der Meisterpflicht und mehr Transparenz im Handwerk


Für 12 Handwerksberufe gilt künftig wieder die Meisterpflicht, die 2004 in vielen Berufen aufgehoben wurde. Unter anderem betroffen sind Drechsler und Holzspielzeugmacher, Estrichleger, Fliesen-, Platten- und Mosaikleger, Parkettleger und Raumausstatter.


Für Betriebe, die in der Zwischenzeit gegründet wurden, gilt ein Bestandsschutz: sie unterliegen auch weiterhin nicht der Meisterpflicht.

Für mehr Transparenz und größere Chancen auf dem internationalen Arbeitsmarkt werden zudem international verständliche Zusatzbezeichnungen eingeführt: „Bachelor Professional“ für Meister, „Master Professional“ für Betriebswirte im Handwerk und „Berufsspezialist“ für Gesellen.


Neuer CO2-Grenzwert für neu zugelassene Pkw


Ab dem 1. Januar zugelassene Neuwagen dürfen höchstens noch 95g CO2/km ausstoßen.


Höhere Bußgelder für rücksichtslose Verkehrsteilnehmer


Die Bußgelder beispielsweise für das Parken oder Halten auf Geh- oder Rad(schnell)wegen und in zweiter Reihe erhöhen sich teils deutlich. Neue Bußgeldtatbestände (Parken/ unzulässiges Halten mit Gefährdung oder Sachbeschädigung, Parken auf E-Auto-Stellplatz) kommen hinzu.


Kassenbonpflicht


Zum 1. Januar tritt schließlich die Kassensicherungsverordnung in Kraft, die eine Belegausgabepflicht vorsieht. Jeder, der ein elektronisches Kassensystem verwendet, muss danach jedem Kunden einen Kassenbon aushändigen. Das muss aber nicht zwingend in Papierform geschehen - denkbar ist (mit dessen Zustimmung) auch ein elektronischer Versand an den Kunden. Eine Pflicht für Kunden, den Kassenbon anzunehmen, besteht nicht.

VG Gießen: kein Anspruch für schwerbehinderten Prüfling auf Formulierungshilfe


Ein schwerbehinderter Prüfling kann nicht verlangen, bei seiner Prüfung eine persönliche Assistenz gestellt zu bekommen, die ihm die Prüfungsfragen in sogenannte einfache Sprache überträgt und ihn bei der Formulierung der Antworten unterstützt. Das hat das Verwaltungsgericht (VG) Gießen (Urteil vom 19.11.2019, 8 K 3432/17.GI) entschieden.


Der Kläger begehrte eine solche Assistenz für seine Prüfung zum Verkäufer im Hinblick auf die Folgeschäden einer Hirnblutung (Gesichtsfeldeinschränkung und Sprachstörung), nachdem ihm zuvor bereits eine Schreibzeitverlängerung gewährt und der Aufgabentext für ihn optisch vergrößert worden war.


Dies lehnte das VG nach Auswertung fachärztlicher Gutachten und Anhörung der Beauftragten der Hessischen Landesregierung für Menschen mit Behinderungen jedoch ab: zwar seien die besonderen Verhältnisse behinderter Menschen bei Prüfungen wegen des Gebotes der Chancengleichheit zu berücksichtigen. Grundsätzlich sei daher ein Nachteilsausgleich zu gewähren, um chancengleiche äußere Bedingungen für die Leistungserbringung herzustellen.


Ein Nachteilsausgleich komme aber nicht mehr in Betracht, wenn die Einschränkungen, denen der Betroffene unterliege, gerade den Kernbereich der Fähigkeiten beträfen, die mit der Prüfung festgestellt werden sollen.


Im vorliegenden Fall spreche einiges dafür, dass die sprachlichen Einschränkungen des Klägers einen Kernbereich des Leistungsbildes seines Berufes betreffen. Durch eine persönliche Assistenz, die Fragen vereinfache und damit möglicherweise auch die Aufgabenstellung verändere und zugleich bei der Formulierung von Antworten behilflich sei, könne der Leistungsstand des Klägers im Vergleich zu seinen Mitprüflingen nicht mehr bestimmt werden.


Das Urteil ist bislang nicht rechtskräftig.



BSG: Sperrzeit bei ALG I derzeit nur für drei Wochen


Gegen Arbeitslose, die sich beispielsweise durch wiederholte Ablehnung von Beschäftigungsangeboten versicherungswidrig verhalten, darf eine zweite und dritte Sperrzeit nur verhängt werden, wenn sie - was bisher nicht wirksam geschehen ist - zuvor über diese Folge belehrt wurden und bereits eine dreiwöchige erste Sperrzeit verhängt wurde. Das hat das Bundessozialgericht (BSG, Urteile vom 27.06.2019, Az.: B 11 AL 14/18 R und B 11 AL 17/18 R) entschieden.


Im Leitfall hatte ein Arbeitsloser geklagt, der binnen kurzer Zeit drei Vermittlungsvorschläge der Bundesagentur (BA) abgelehnt hatte. Die BA verhängte daraufhin drei Sperrzeiten (drei, sechs und zwölf Wochen) gleichzeitig und wies dabei, ihrer bisherigen Praxis folgend, lediglich auf sämtliche möglichen Folgen einer Sperrzeit bei wiederholtem versicherungswidrigen Verhalten hin.


Eine solche, ausschließlich den Gesetzestext wiederholende Rechtsfolgenbelehrung ist für Sperrzeiten über drei Wochen unwirksam, so nun das BSG: aus dem Grundsatz der individuellen Vermittlung folge, dass über leistungsrechtliche Konsequenzen im konkreten Fall zu belehren sei. Es sei nicht ersichtlich, wann eine Sperrzeit von drei, sechs oder zwölf Wochen eintritt, sodass hier nur eine Sperrzeit von drei Wochen in Betracht komme.


Dass die besonderen Folgen einer zweiten oder dritten Sperrzeit ein vorheriges, durch eine erste Sperrzeit sanktioniertes versicherungswidriges Verhalten erforderten, folge aus der systematischen Regelungsstruktur der Sperrzeitvorschriften. Das Gesetz fordere eine zeitliche Abfolge von erstem, zweitem und weiterem versicherungswidrigem Verhalten, sodass auch Sanktionierungen zeitlich gestaffelt und nicht, wie bislang von der BA praktiziert, gebündelt zu erfolgen hätten. Arbeitslose müssten insgesamt so informiert sein, dass sie über ihr weiteres Verhalten eigenverantwortlich entscheiden könnten.


Im Hinblick auf die vierjährige Verjährungsfrist können ehemalige Arbeitslose, gegen die die BA seit Anfang 2015 eine Sperrzeit von mehr als drei Wochen verhängt hat, jetzt bei der BA einen Überprüfungsantrag stellen und Arbeitslosengeld nachfordern.

SG Düsseldorf: keine Abiball-Finanzierung durch Jobcenter


Abiturienten, die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II („Hartz IV“) beziehen, haben keinen Anspruch auf eine Übernahme der Kosten für ihren Abiball durch das Jobcenter. Das hat das Sozialgericht Düsseldorf (Urteil vom 23.10.2018, S 43 AS 2221/18) entschieden.


Geklagt hatten zwei Schwestern, denen anlässlich ihrer Teilnahme an ihrem Abiball Kosten von insgesamt jeweils über 200,00 € für die Anmietung des Veranstaltungsortes sowie den Kauf der Eintrittskarte, eines neuen Kleides und eines neuen Paars Schuhe entstanden waren.


Das Sozialgericht lehnte eine Übernahme dieser Kosten durch das Jobcenter ab: es handele sich um keinen „unabweisbaren Mehrbedarf“ im Sinne des SGB II; die Kosten seien vielmehr von den Klägerinnen selbst aus deren Regelleistung zu tragen.


Im Rahmen der Existenzsicherung bestehe kein Anspruch auf die Teilnahme an allen gesellschaftlichen Ereignissen. Hier habe es sich um eine private und keine Schulveranstaltung gehandelt. Die Teilnahme daran sei zwar wünschenswert, aber nicht verpflichtend. Zudem hätten die Klägerinnen die begehrten Mittel selbst ansparen oder durch eine Nebentätigkeit erwirtschaften können, da ihnen der Termin seit langem bekannt gewesen sei.


Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Frohes Neues: das ändert sich 2019!


Neues Jahr, neue Gesetze: welche Änderungen sind zum 1. Januar in Kraft getreten? Ein Überblick.


Besserer Schutz für Mieter


Vermieter, die eine deutlich höhere als die ortsübliche Vergleichsmiete verlangen, müssen darüber Auskunft geben. Zudem werden Mieter besser vor zu starken modernisierungsbedingten Mieterhöhungen geschützt und können zuviel gezahlte Miete jetzt einfacher zurückverlangen.


Neue Chancen auf dem Arbeitsmarkt


Zum 1. Januar tritt das Teilhabechancengesetz in Kraft: Langzeitarbeitslose sollen in den Arbeitsmarkt integriert werden, indem Arbeitgeber, die sie sozialversicherungspflichtig beschäftigen, Lohnkostenzuschüsse erhalten. Das gleiche gilt durch das ebenfalls neue Qualifizierungschancengesetz, wenn Arbeitgeber ihre Mitarbeiter für Weiterbildungen insbesondere im Hinblick auf die Digitalisierung freistellen.


Mehr Mindestlohn, Sozialhilfe, Grundsicherung und Kindergeld


Der gesetzliche Mindestlohn in Deutschland steigt von 8,84 € auf 9,19 € und ab 2020 auf 9,35 € pro Stunde. Dazu werden zahlreiche Branchenmindestlöhne angehoben, etwa im Dachdecker- und Elektrohandwerk.


Auch die Regelbedarfssätze für die Sozialhilfe, Grundsicherung für Arbeitsuchende (ALG II), Grundsicherung im Alter oder bei Erwerbsminderung erhöhen sich um fünf bis acht, das Kindergeld sogar sich um zehn Euro.


Änderungen in der Kranken- und Pflegeversicherung


Der Krankenversicherungsbeitrag bleibt dagegen stabil bei 14,6 % der beitragspflichtigen Einnahmen. Der Mindestbeitrag für Kleinselbstständige wird auf 171,00 € halbiert, der Zusatzbeitrag jetzt wieder paritätisch (also jeweils zur Hälfte durch Arbeitgeber und Arbeitnehmer) finanziert – nicht mehr, wie zuletzt, nur vom Arbeitnehmer.

 


Entlastet werden auch freiwillig Krankenversicherte: solange sie Kranken- oder Mutterschaftsgeld beziehen, müssen sie nur noch Beiträge auf die tatsächlichen beitragspflichtigen Einnahmen entrichten. Freiwillig gesetzlich krankenversichern können sich nun übrigens auch ehemalige Soldaten auf Zeit.


Der Beitrag für die Pflegeversicherung steigt um 0,5 Prozentpunkte auf 3,05 % (Kinderlose: 3,3 %) der beitragspflichtigen Einnahmen. Personen mit Schwerbehindertenausweis oder mindestens Pflegegrad 3 (mit dauerhaft eingeschränkter Mobilität) müssen sich Kosten für Fahrten zu ärztlichen Behandlungen ab sofort nicht mehr vorab von der Krankenkasse genehmigen zu lassen – sie gelten automatisch als genehmigt.


Mehr Rente


Die Mütterrente erfasst nun auch Mütter vor 1992 geborener Kinder. Wer Erwerbsminderungsrente bezieht, erhält nun so viel Geld, wie er erhalten hätte, wenn er bis zum regulären Renteneintrittsalter gearbeitet hätte. Im Herbst 2019 soll zudem die Grundrente eingeführt werden, mit der einen Zuschlag zu seiner gesetzlichen Rente erhält, wer mindestens 35 Jahre lang in die Rentenkasse eingezahlt hat.


Höherer Grundfreibetrag


Der Grundfreibetrag erhöht sich für Ledige um 168,00 € auf 9.168,00 € und für Verheiratete um 336,00 € auf 18.336,00 €. Jobtickets, die Arbeitnehmer zusätzlich zu ihrem Arbeitslohn erhalten, sind jetzt komplett steuerfrei, die Leistungen werden aber auf die Entfernungspauschale angerechnet.


Drittes Geschlecht


Ab dem 1. Januar gibt es schließlich ein drittes Geschlecht im Personenstandsregister: „divers“. Arbeitgeber, die vakante Stellen ausschreiben, sollten deshalb künftig „m/w/d“ („d“ = divers) inserieren, wenn sie keinen Schadensersatzanspruch wegen Diskriminierung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) riskieren wollen.


BVerwG zur kostenlosen Beförderung Schwerbehinderter im Fährverkehr


Inhaber eines Schwerbehindertenausweises mit dem Merkzeichen „G“ können einen Anspruch auf unentgeltliche Beförderung im Fährverkehr haben. Das hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG, Urteil vom 27.09.2018, 5 C 7.17) entschieden.


Geklagt hatte ein Schwerbehinderter, dessen Schwerbehindertenausweis wegen einer Einschränkung seines Gehvermögens das Merkzeichen „G“ aufweist. Mit seinem Antrag, festzustellen, dass er berechtigt ist, die mehrmals täglich verkehrende Fähre zwischen Emden und Borkum als öffentlichen Nahverkehr unentgeltlich zu nutzen, war er in erster Instanz (Verwaltungsgericht Oldenburg, Urteil vom 23.06.2014, 13 A 1942/13) gescheitert: die über zweistündige Fahrt sei kein öffentlicher Nahverkehr mehr, da nicht mehr die alltägliche Bewältigung von Entfernungen wie etwa der Weg zur Arbeit oder zum Supermarkt erfasst sei.


Nachdem das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht (Beschluss vom 31.08.2016, 4 LC 217/14) das Urteil aufgehoben und der Klage stattgegeben hat, legte das Beklagte Fährunternehmen Revision zum BVerwG ein.


Ohne Erfolg: nach dem Wortlaut des Gesetzes sei Nahverkehr der öffentliche Personenverkehr mit „Wasserfahrzeugen im Linien-, Fähr- und Übersetzverkehr, wenn dieser der Beförderung von Personen im Orts- und Nachbarschaftsbereich dient“. Der Nachbarschaftsbereich sei zwar begrenzt, im vorliegenden Fall aber wegen der engen Verbindung von Insel und Festland durch den Fährverkehr noch umfasst. Diese zeige sich beispielsweise daran, dass die Fähre sowohl von Touristen, als auch von Inselbewohnern und zu deren Versorgung genutzt werde.


Eine Beschränkung auf den Alltagsverkehr ließe sich dem Gesetz dagegen nicht entnehmen. Dessen Ziel, Nachteile für Menschen, die in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt sind, auszugleichen, gehe vielmehr über den Alltagsverkehr hinaus.


Schulmäßig vorbereitet


Für rund 2,5 Millionen Schüler, ihre Eltern und etwa 198.000 Lehrer in Nordrhein-Westfalen beginnt  der Alltag wieder. Wie kommen alle gut durch das Schuljahr 2018/19? Einige wichtige Fragen und Antworten hier:


Darf eine religiös geprägte Schule Schüler ihrer eigenen Konfession bevorzugt aufnehmen? Und wann kann ich mein Kind aus religiösen Gründen vom Unterricht befreien lassen?


Ja, eine solche Bevorzugung ist zulässig. Ob sogenannte bekenntnisfremde Schüler aufgenommen werden, richtet sich nach den vorhandenen Kapazitäten. Ein grundsätzlicher Anspruch besteht nicht, wenn eine Gemeinschaftsschule in zumutbarer Entfernung vorhanden ist.


Für eine Unterrichtsbefreiung aus religiösen Gründen hat das Bundesverwaltungsgericht nach Abwägung des Elternrechts gegen den staatlichen Erziehungsauftrag die Hürden sehr hoch gehängt: Sie können nicht erwarten, dass Ihr Kind in der Schule von Dingen verschont  bleibt, mit denen es außerhalb konfrontiert wird. Ein geordneter Unterricht (der aber auf Befindlichkeiten Rücksicht nehmen muss) kann sonst nicht mehr gewährleistet werden.


Darf ich mein Kind zuhause selbst unterrichten?


Schicken Sie Ihr Kind nicht zur Schule, kann es von der Polizei dorthin gebracht werden. Sie selbst riskieren ein Ordnungsgeld oder Ordnungshaft. In letzter Konsequenz kann Ihnen sogar das Sorgerecht entzogen werden. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte lehnt ein Recht auf Homeschooling ab.


Kann die Schulpflicht auch im Ausland erfüllt werden?


Grundsätzlich muss die Schulpflicht auf einer deutschen Schule erfüllt werden. Etwas anderes gilt, wenn  ein wichtiger Grund für einen Schulbesuch im Ausland besteht.


In den letzten Wochen hätte es bestimmt oft Hitzefrei gegeben, aber gibt es eigentlich auch Schneefrei?


Ausgeschlossen ist das nicht: Unterrichtsausfall kann angeordnet werden, wenn ein sicherer Weg zur und von der Schule nicht mehr gewährleistet ist.


Wie kann ich verhindern, dass ein bestimmter Lehrer mein Kind unterrichtet?


Gar nicht – die Schule entscheidet, welcher Lehrer welcher Klasse zugeteilt wird. Bei schweren Verletzungen der dienstlichen Pflichten kommt eine Dienstaufsichtsbeschwerde in Betracht.


Ein Lehrer, der über soziale Netzwerke mit einer 16jährigen Schülerin privat chattet und dabei explizit sein sexuelles Interesse an ihr zum Ausdruck bringt, darf aus dem Beamtenverhältnis entlassen werden. Er zeige damit, so das Verwaltungsgericht Aachen, dass ihm die Befriedigung seiner Bedürfnisse wichtiger sei als die unbeeinträchtigte Entwicklung ihm anvertrauter Kinder und Jugendlicher. Dies sei ein gravierendes Dienstvergehen, das den Kernbereich seiner Dienstpflichten betreffe und auch bei Lebenszeitbeamten die Entlassung rechtfertige.


Mein Lehrer wäre eine Bereicherung für alle sozialen Netzwerke: darf ich ihn aufnehmen und onlinestellen?


Nur mit seinem Einverständnis. Ansonsten verletzen Sie sein Persönlichkeitsrecht und machen sich schadensersatzpflichtig. Zudem müssen Sie dann mit schulrechtlichen Sanktionen rechnen.


A propos Handy: dürfen Lehrer meinem Kind das Handy wegnehmen? Und wie ist das mit der Taschenkontrolle?


Ja, wenn dadurch der Unterricht gestört ist. Das Schulgesetz erlaubt dann die zeitweise Wegnahme von Gegenständen als „erzieherische Maßnahme“. Das Handy muss dann sicher verwahrt und nach dem Unterricht zurückgegeben werden – es sei denn, darauf befinden sich illegale Bilder oder Videos. In diesem Fall ist die Schule sogar verpflichtet, das Handy der Polizei zu geben.


Auch eine Taschenkontrolle ist zulässig – aber nur, wenn ein triftiger Grund vorliegt, beispielsweise der konkrete Verdacht, dass Straftaten begangen werden. Kontrollen „ins Blaue hinein“ verbietet das Allgemeine Persönlichkeitsrecht des Schülers.


Muss mein Kind Hausaufgaben machen?


Ja. Wer keine Hausaufgaben macht, muss im Rahmen der Verhältnismäßigkeit mit Konsequenzen rechnen. Benotet werden dürfen die Hausaufgaben allerdings nicht, da sie kein Leistungsnachweis sind. Haben Sie das Gefühl, Ihr Kind werde über den Unterricht hinaus zu stark eingebunden? Sprechen Sie mit den Lehrern!


Kann man mein Kind einfach so von der Schule verweisen und was kann ich dagegen tun?


„Einfach so“ natürlich nicht. Der Schulverweis ist die härteste Ordnungsmaßnahme gegen einen Schüler und kann immer nur letztes Mittel sein, wenn andere Maßnahmen keinen Erfolg bringen. In jedem Fall müssen Sie innerhalb eines Monats widersprechen – sonst wird der Verweis bestandskräftig, egal, ob er gerechtfertigt war oder nicht.


Bei einigen Ordnungsmaßnahmen reicht ein Widerspruch allein aber noch nicht, um bis zu einer Entscheidung alles „beim Alten“ zu belassen. Sie müssen dafür zusätzlich beim Verwaltungsgericht vorläufigen Rechtsschutz beantragen. Wie weiter vorzugehen ist, richtet sich danach, ob Ihr Widerspruch erfolgreich ist. Ist er das nicht, müssen Sie Klage erheben.


Darf mein Kind von einer Klassenfahrt ausgeschlossen werden?


Ja, für aggressive Schüler kommt als Ordnungsmaßnahme ein Ausschluss von der Klassenfahrt in Betracht, so das Verwaltungsgericht Berlin: Die Erziehungsarbeit der Schule umfasse auch, den Schülern die gewaltfreie Lösung von Konflikten zu vermitteln. Wer sich Mitschülern gegenüber gewalttätig verhalte, stelle diesen Auftrag in Frage und rechtfertige einen Ausschluss.


Gibt es Schmerzensgeld, wenn sich mein Kind bei einer Schulhofrangelei verletzt?


Das ist möglich, wenn das  „Gegenüber“ die erforderliche Einsicht hat. Schwierig wird es, wenn es sich eher um ein „Spiel“ als um eine handfeste Auseinandersetzung handelt.


Kann ich gegen eine schlechte Note vorgehen?


Ja, aber nur, wenn es sich um einen „Verwaltungsakt“ handelt. Bei einzelnen Klausuren ist das nicht der Fall, da sie keine unmittelbare Rechtsfolge haben. Eine Zeugnisnote entscheidet dagegen über Versetzung oder Nichtversetzung oder auch „nur“ über die spätere Abiturnote. Hier kann auch die einzelne Klausur, die Bestandteil dieser Note ist, gerichtlich geprüft werden.


Endlich (so gut wie) am Ziel: was darf ich in der Mottowoche?


Die Grenze liegt dort, wo die Rechte anderer (beispielsweise das Eigentum) betroffen sind. Schlagen Sie allzu sehr über die Stränge, können Sie sich strafbar machen und müssen damit rechnen, Schadensersatz und/ oder die Kosten eines etwa erforderlichen Polizeieinsatzes zahlen zu müssen. Einen Rechtsanspruch auf die Durchführung der Mottowoche haben Sie übrigens nicht.


Die schönste Zeit des Jahres


Endlich Ferien! Was aber, wenn es unschöne Nachrichten aus der Schule gibt oder  der Traumurlaub zum Albtraum wird? Rechtsanwalt Daniel Wex erklärt es Ihnen.


Schlimme Nachrichten noch vor Ferienbeginn: mein Kind ist nicht versetzt worden! Was kann ich tun?


Hier sollten Sie keine Zeit verlieren: ein Widerspruch gegen diese Entscheidung ist nur innerhalb eines

Monats ab ihrer Bekanntgabe möglich, danach allenfalls unter sehr engen Voraussetzungen. Ob ein

Widerspruch Aussicht auf Erfolg hat, richtet sich danach, wie das Zeugnis insgesamt aussieht.


Da sich ein solches Widerspruchsverfahren oft lange hinzieht, ist es sinnvoll, parallel ein

Eilverfahren beim zuständigen Verwaltungsgericht einzuleiten.


Politische Unruhen am Reiseziel: kann ich stornieren?


Nicht, wenn Sie nur den Flug gebucht haben: die Airline schuldet Ihnen nur die Beförderung ohne

Rücksicht auf die Verhältnisse im Zielland.


Haben Sie dagegen eine Pauschalreise gebucht, können Sie bei politischen Unruhen kostenfrei vom Vertrag zurücktreten - es sei denn, Sie

reisen in eine Region, die nicht betroffen ist. Verweisen Sie den Veranstalter auf Reisewarunungen des Auswärtigen Amtes.


Wenn Sie die Reise bei Ausbruch der Unruhen schon angetreten haben, können Sie sie abbrechen, müssen dann aber die Leistungen zahlen,

die schon erbracht wurden. Einen Anspruch auf Schadensersatz wegen entgangener Urlaubsfreuden haben Sie nicht, da es sich um "höhere

Gewalt" handelt. Das gleiche gilt übrigens auch bei Naturkatastrophen.


Mein Reiseveranstalter ist insolvent - und nun?


Kein Grund zur Sorge - jedenfalls, wenn Sie eine Pauschalreise gebucht haben: hier sind Sie mit Ihrem Reisesicherungsschein gegen eine

Insolvenz des Veranstalters abgesichert. Wenden Sie sich in diesem Fall direkt an den Versicherer.


Haben Sie dagegen nur den Flug oder nur das Hotel gebucht, besteht keine Insolvenzabsicherungspflicht.


Mein Flug ist zu spät geflogen oder ganz ausgefallen. Welche Rechte habe ich?


Fällt der Flug aus, können Sie Ihr Geld zurückverlangen, ohne dass Stornogebühren anfallen.

 

Ab einer Verspätung von 3 Stunden können Sie Ausgleichszahlungen verlangen. Die konkrete Höhe richtet sich nach der Flugentfernung. Das

gilt aber nicht, wenn die Airline nicht verantwortlich ist und alles zumutbare unternommen hat, um eine Verspätung oder einen Ausfall zu verhindern. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs - der bei der für die Verspätung maßgeblichen Ankunftszeit übrigens auf das Öffnen der Flugzeugtüren abstellt - sind technische Probleme nicht zwangsläufig ein außergewöhnlicher Umstand.

 

Vor Ort muss die Airline bei erheblichen Verspätungen für Ihre Verpflegung, unter Umständen auch für eine Unterbringung im Hotel und den Transfer dorthin sorgen.


Bei einer erheblichen Verspätung können Sie auch, so jüngst der Bundesgerichtshof, „auf eigene Faust“ einen Ersatzrückflug buchen und die Kosten dem Reiseveranstalter in Rechnung stellen. Grundsätzlich müssen Sie den zuerst informieren und ihm die Möglichkeit geben, Abhilfe zu schaffen. Das gilt aber nicht, wenn der Veranstalter Sie über diese Pflicht nicht vor Reisebeginn informiert hat.

 

Was ist eigentlich ein Reisemangel?


Ein Reisemangel liegt vor, wenn die Leistung des Veranstalters von dem abweicht, was vertraglich vereinbart wurde. Die Rechtsprechung ist schier unendlich: ein Reisemangel wird beispielsweise angenommen, wenn Ihr Zimmer keinen Meerblick hat, obwohl Sie genau dafür einen Aufpreis gezahlt haben. Weitere Fallgruppen: keine direkte Strandlage, Minimarkt mit nur eingeschränktem Angebot statt "Einkaufsmöglichkeiten in der Nähe", Unfall bei inklusivem Hoteltransfer.


Nicht alles, was Ihnen am Urlaubsort nicht gefällt, ist aber ein Reisemangel. Abgelehnt wurde er, wenn nicht im Meer gebadet werden konnte, weil das Risiko bestand, dass dort Haie unterwegs sind.


Bei schlechtem Essen im Hotel ist zu differenzieren: passt die Auswahl am Buffet zum Hotelstandard? An ein Billighotel können Sie hier keine allzu großen Erwartungen stellen. Haben Sie ein Hotel "mit vegetarischem Buffet" gebucht, muss eine Vielfalt an vegetarischen Speisen angeboten werden. Bei erheblichen Mängeln kommt eine Reisepreiserstattung von 5-25 % in Betracht.


Wie hoch die Erstattung ist, hängt immer von den genauen Umständen des Einzelfalls ab. Die Angaben in der Frankfurter Tabelle können also nur als grobe Orientierung, aber nicht generalisierend herangezogen werden.


Wie setze ich Ansprüche wegen eines Reisemangels durch?


Dokumentieren Sie ihn (Fotos/ Zeugen!) und zeigen Sie ihn unbedingt direkt vor Ort bei der Reiseleitung oder der Stelle, die Ihnen der Veranstalter genannt hat an - nicht beim Hotel! Im Zweifel nehmen Sie Kontakt mit dem Veranstalter auf. Benennen Sie den Mangel konkret und setzen Sie eine angemessene Frist zur Abhilfe.

 

Nach dem Urlaub wenden Sie sich schriftlich an den Veranstalter. Durch die neue Pauschalreiserichtlinie haben Sie dafür jetzt zwei Jahre statt wie bisher einen Monat Zeit.


Kann ich nicht auch gegen das Reisebüro vorgehen?


Das ist mit der neuen Pauschalreiserichtlinie jetzt jedenfalls leichter geworden: früher konnte sich das Reisebüro darauf berufen, lediglich Reisevermittler zu sein. Das ist nun etwa dann nicht mehr möglich, wenn es seine Informationspflichten nicht erfüllt oder eine Reise als Pauschalreise verkauft, die gar keine Pauschalreise ist. Das Reisebüro – das hier die Beweislast trägt! – haftet dann wie ein Reiseveranstalter.


Ich reise mit der Bahn und die Klimaanlage fällt aus. Kann ich Schadensersatz verlangen?


Ja, wenn Sie dadurch erhebliche gesundheitliche Probleme bekommen oder in einen Zug umsteigen müssen, der mindestens 60 Minuten später an Ihrem Zielbahnhof eintrifft. Dokumentieren Sie den Ausfall (Zeugen!) und lassen Sie ihn sich vom Zugpersonal bestätigen.


Und wenn eine Zugverspätung dazu führt, dass ich meinen Flug verpasse?


Hier gibt es keine Anspruchsgrundlage. Wenn Sie nicht auf die Kulanz der Bahn angewiesen sein wollen, sollten Sie einen ausreichenden Puffer einplanen. Anders sieht es bei Rail & Fly-Pauschalreisen aus: hier gehört die Anreise zum Gesamtpaket, sodass der Veranstalter haftet.


Gilt die neue Pauschalreiserichtlinie, von der auch hier die Rede war, generell?


Nein, nur für Reisen, die ab dem 1.Juli 2018 gebucht wurden. Haben Sie vorher gebucht, gilt noch das alte Recht – Sie müssen dann beispielsweise Ansprüche wegen Mängeln innerhalb eines Monats geltend machen.


OVG zur Erstattung von Schülerfahrtkosten


Wann müssen Kommunen Grundschülern die Fahrtkosten ersetzen, wenn sie einen Schulweg von weniger als zwei Kilometern haben? Damit hatte sich das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG) auseinanderzusetzen und nun in einem Einzelfall gegen eine Erstattung entschieden (Urteil vom 16.05.2018, 19 A 1453/16).


Geklagt hatten die Eltern einer siebenjährigen Grundschülerin, die „nur“ 1,75 Kilometer von ihrer Schule entfernt wohnt – und nicht, wie es die nordrhein-westfälische Schülerfahrtkostenverordnung für Schüler der Primarstufe grundsätzlich vorsieht, mindestens 2: es liege ein Ausnahmefall in Gestalt eines besonders gefährlichen Schulwegs vor, sodass auch hier Fahrtkosten zu erstatten seien. Der Weg könne nicht ausreichend eingesehen werden, verfüge über keine Straßenlaternen und sei insgesamt wenig verkehrssicher. Zudem könne ihre Tochter im Fall eines sexuellen Übergriffs keine schnelle Hilfe erwarten.


Nachdem sie damit in erster Instanz (Verwaltungsgericht Aachen, Urteil vom 13.05.2016, 9 K 2146/15) noch erfolgreich waren, hat das OVG dieses Urteil nun aufgehoben und die Klage abgewiesen. Das Vorbringen der Eltern rechtfertige es nicht, den Schulweg ihrer Tochter als besonders gefährlich einzustufen. Hiervon sei insbesondere auszugehen, wenn er überwiegend an einer verkehrsreichen Straße entlangführe, die über keinen Gehweg oder begehbaren Randstreifen verfüge oder ohne besondere Sicherung für Fußgänger überquert werden müsse. Daran habe es im vorliegenden Fall gefehlt.


Auf die die Zugehörigkeit zu einem im Hinblick auf Alter oder Geschlecht „risikobelasteten Personenkreis“ komme es dagegen bei der Beurteilung der Gefährlichkeit des Schulweges nicht an: hieraus lasse sich – so das OVG unter Änderung seiner bisherigen Rechtsprechung – keine überdurchschnittliche Gefahr, auf dem Schulweg Opfer einer Straftat zu werden, ableiten.


Eine Revision hat das OVG nicht zugelassen.


AG München: kein Schadensersatz wegen vorgetäuschten Eigenbedarfs bei Auszug gegen Abfindung


Wer gegen Zahlung einer erheblichen Abfindung aus seiner Wohnung auszieht, hat keine Schadensersatzansprüche wegen vorgetäuschten Eigenbedarfs. Das hat das Amtsgericht München in einem jetzt veröffentlichten Urteil vom 29.03.2018 (432 C 1222/18) entschieden.


Die Kläger schlossen Anfang 2016 mit ihrem Vermieter eine Vereinbarung über die Aufhebung und Beendigung des (1987 geschlossenen) Mietverhältnisses, nach der sie für einen Auszug aus ihrer Wohnung zum 31.12.2016 sofort eine Abstandszahlung von 15.000,00 € erhalten sollten. Diese Abstandszahlung sollte sich bei vorzeitigem Auszug auf bis zu 24.500,00 € erhöhen. Letztlich zogen die Kläger am 29.11.2016 aus und erhielten dafür weitere 6.000,00 €.


Nachdem der Vermieter die Wohnung anschließend verkauft hatte, fochten die Kläger die Vereinbarung an und verlangten Schadensersatz in Höhe des Zehnjahreswertes der Differenz ihrer früheren Miete zu der Miete einer vergleichbaren Wohnung abzüglich der erhaltenen Abstandszahlung. Zur Begründung trugen sie vor, der Vermieter habe telefonisch Eigenbedarf angemeldet, da sein Vater zurück nach München ziehen wolle.

 

Damit hatten die Kläger vor Gericht keinen Erfolg: durch die Vereinbarung der erheblichen Abstandszahlung für den Fall eines Wohnungsauszuges sei ein Verzicht auf etwaige Ansprüche bei nur vorgetäuschtem Eigenbedarf erklärt worden. Der Vereinbarung sei der gegenseitige Wille zu entnehmen, alle gegenseitigen Ansprüche umfassend zu regeln.


Zudem hätten die Kläger weder einen konkreten Schaden dargelegt, noch einen vorgetäuschten Eigenbedarf nachgewiesen. Der Vermieter hatte hierzu behauptet, er habe zwar über die Absicht seines Vaters geredet, zurück nach München zu ziehen, aber keine Eigenbedarfskündigung für den Fall, dass eine Vereinbarung nicht zustandekommt, in Aussicht gestellt.


Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.


Alle Jahre wieder: Rechtsfragen der (Vor-) Weihnachtszeit


Startschuss für den Dortmunder Weihnachtsmarkt! Nicht nur der Blick auf den größten Weihnachtsbaum der Welt, sondern auch das bunte Treiben an den Ständen und in den umliegenden Geschäften lassen keinen Zweifel aufkommen: Weihnachten steht vor der Tür – und damit auch so manche rechtliche Klippe! Von einigen – und davon, wie Sie sie umschiffen können – handelt ab sofort bis Weihnachten jede Woche ein neuer Beitrag. Beginnen wir heute auf dem Weihnachtsmarkt mit der Frage…


… darf ich meine Glühweintasse mit nach Hause nehmen?


Grundsätzlich: nein! Rechtlich kommt zwischen ihnen und dem Betreiber des Glühweinstandes nämlich nur ein

Kaufvertrag über den Glühwein zustande, nicht auch über die Tasse, die Sie also zurückgeben müssen. Daran

ändert auch ein Pfand nichts: das ist nicht etwa der Kaufpreis für die Tasse, sondern soll im Gegenteil gerade

sicherstellen, dass sie an den Stand zurückgelangt, schließlich sind Glühweintassen nicht unbegrenzt vorhanden.

Die Tasse einfach so mitzunehmen, ist demnach sogar strafbar, eine Anzeige aber wenig wahrscheinlich.

Das Interesse des Betreibers des Glühweinstandes dürfte eher dahin gehen, das Pfand, das in der Regel höher ist

als der Wert der Tasse, zu behalten und vor allem Ihnen positiv in Erinnerung zu bleiben. Letztlich gilt auch hier: fragen

kostet nichts und bringt Sie auf die sichere Seite.


Mein Glühwein ist gepanscht, was kann ich tun?


Dasselbe, was Sie auch im Restaurant tun würden: verlangen Sie einen neuen oder Ihr Geld zurück.


Und wenn ich mit meinen Einkäufen vom Weihnachtsmarkt unzufrieden bin?


Auch hier gilt nichts anderes als das ganze Jahr in herkömmlichen Geschäften: bei mangelhafter Ware können Sie den Händler auffordern, den Mangel zu beheben. Kann er das nicht, können Sie den Preis mindern oder vom Vertrag zurücktreten – dann bekommen Sie Zug um Zug gegen Rückgabe der Ware Ihr Geld zurück. Bitte bedenken Sie, dass Weihnachten schneller vorbei und der Händler damit schneller wieder aus der Stadt ist, als man denkt: sorgen Sie dafür, dass Sie seine Adresse haben – idealerweise auf dem Kaufbeleg, den Sie sich bei jedem Kauf geben lassen sollten.


Darf ich auf dem Weihnachtsmarkt fotografieren?


Die Stände ohne weiteres, aber nicht auch die Kunden. Deren Allgemeines Persönlichkeitsrecht ist verletzt, wenn Sie sie ohne Einwilligung so fotografieren, dass sie zu erkennen sind. Einem entsprechenden Löschungsverlangen sollten Sie nachkommen – je eher, umso geringer das Kostenrisiko.


Ich will selbst einen Stand auf dem Weihnachtsmarkt betreiben. Habe ich einen Anspruch auf Zulassung?


Nein. Der Veranstalter hat nicht unendlich viel Platz zur Verfügung und muss auch nicht erweitern, um alle Bewerber zu

berücksichtigen. Er darf seine Auswahl aber auch nicht willkürlich treffen. Die Vergabekriterien müssen transparent und

überprüfbar sein. Das wurde in der Vergangenheit für das Kriterium „Ortsansässigkeit“ verneint, wenn der Weihnachts-

markt überregional beworben wurde. Das Kriterium „Weihnachtsmarkterfahrung“/ „Bekannt und bewährt“ benach-

teiligt Neubewerber, die ohne sachlichen Grund nicht auf längere Sicht völlig ausgeschlossen werden dürfen. Deshalb

können auch alteingesessene Teilnehmer nicht verlangen, wieder berücksichtigt zu werden, nur weil sie schon zu-

vor auf dem Weihnachtsmarkt vertreten waren.


BGH: Behördenfehler bei Ausstellung des Reisepasses keine höhere Gewalt


 

Fehler einer Behörde bei der Ausstellung eines Reisepasses sind kein Fall höherer Gewalt, der einen Reisenden berechtigt, den Reisevertrag zu kündigen und den bereits bezahlten Reisepreis zurückerstattet zu verlangen.. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH, Urtiel vom 16.05.2017, X ZR 142/15) entschieden.


Geklagt hatte eine Reisende gegen einen Reiseveranstalter, bei dem sie für sich und ihre Familie eine USA-Rundreise gebucht und vorher bei ihrer Stadtverwaltung neue Reisepässe beantragt hatte. Die Pässe wurden ihr dort auch übergeben. Trotzdem erlebte die Familie am Flughafen eine böse Überraschung: der Abflug wurde ihr verweigert, weil die für den Druck der Reisepässe zuständige Bundesdruckerei die Pässe als gestohlen gemeldet hatte – die Stadtverwaltung der Klägerin hatte schlicht vergessen, den Empfang der Pässe zu bestätigen!


Nachdem der Reiseveranstalter der Klägerin nur einen Teil des Reisepreises erstattete, klagte sie mit dem Ziel, den vollen Reisepreis zurückerstattet zu bekommen. Die Vorinstanzen (Amtsgericht Nürnberg, Urteil vom 25.11.2014, 13 C 4487/14; Landgericht Nürnberg-Fürth, Urteil vom 27.11.2015, 5 S 9724/14) haben die Klage abgewiesen.


Zurecht, wie jetzt der BGH bestätigte: das Mitführen notwendiger Ausweispapiere falle in die Risikosphäre des Reisenden. Könne bei Reiseantritt ein notwendiger Reisepass nicht vorgelegt werden, stelle das keinen Fall höherer Gewalt dar, wegen der ein Reisevertrag gekündigt und der bereits bezahlte Reisepreis zurückverlangt werden kann.


Voraussetzung für die Annahme höherer Gewalt sei ein von außen kommendes, keinen betrieblichen Zusammenhang aufweisendes und auch durch äußerste vernünftigerweise zu erwartende Sorgfalt nicht abwendbares Ereignis. Beispiele seien Naturkatastrophen oder staatlich angeordnete Reisebeschränkungen. Dass ein betrieblicher Zusammenhang fehlen müsse zeige, dass die Ursache für das Ereignis nicht in der Risikosphäre des Reiseveranstalters liegen dürfe. Das gelte aber auch für den Reisenden: sei das Ereignis seiner Risikosphäre zuzurechnen, könne höhere Gewalt ebenfalls nicht angenommen werden.


Dies sei hier der Fall: die Mitführung geeigneter Ausweisdokumente falle in die Risikosphäre des Reisenden. Weshalb mitgeführte Dokumente als nicht geeignet angesehen werden, sei unerheblich.


Falsche Bewertung: Unterlassungsanspruch auch gegen Betreiber eines Bewertungsportals

 

Wer in einem Bewertungsportal mit falschen Tatsachenbehauptungen bewertet wird, kann nicht nur den Äußerer, sondern unter Umständen auch den Betreiber des Portals auf Unterlassung in Anspruch nehmen. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH, Urteil vom 4.04.2017, VI ZR 123/16) entschieden.


Geklagt hatte die Betreiberin einer Klinik für HNO- und Laserchirurgie, über die ein ehemaliger Patient in einem Bewertungsportal für Kliniken behauptet hatte, es sei „bei“ einem Standardeingriff zu einer septischen Komplikation gekommen. Das Klinikpersonal sei mit der lebensbedrohlichen Notfallsituation überfordert gewesen; dies habe beinahe zu seinem Tod geführt.


Tatsächlich war bei dem Patienten die Sepsis erst nach der Operation und der Verlegung in ein anderes Krankenhaus aufgetreten.


Auf Aufforderung der Klinikbetreiberin hat der Portalbetreiber ohne Rücksprache mit dem Patienten einen Zusatz eingefügt und einen Satzteil gestrichen und der Klinikbetreiberin mitgeteilt, weitere Eingriffe seien aus seiner Sicht nicht angezeigt.


Der BGH hat, wie schon die Vorinstanzen (LG Frankfurt am Main, Urteil vom 24.09.2015, 2-03 O 64/15 und OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 3.03.2016, 16 U 214/15), einen Unterlassungsanspruch gegen den Portalbetreiber bejaht: wer falsche Tatsachenbehauptungen auf die Rüge eines Betroffenen inhaltlich prüfe, sie dann aber nicht ausreichend ändere, mache sich die Bewertung zueigen und hafte dann als unmittelbarer Störer.


Dies sei hier geschehen. Der Portalbetreiber habe auf die Äußerungen des Patienten Einfluss genommen, indem er selbstständig (also insbesondere ohne Rücksprache mit dem Patienten) entschieden habe, welche Äußerungen entfernt, welche geändert und welche beibehalten werden. Diese Entscheidung habe er der Klinikbetreiberin mitgeteilt und damit die inhaltliche Verantwortlichkeit für die Äußerungen übernommen. Das Recht des Portalbetreibers auf Meinungsfreiheit habe hier gegenüber dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der Klinikbetreiberin zurückzutreten, da es sich um unwahre Tatsachenbehauptungen und um Meinungsäußerungen auf unwahrer Tatsachengrundlagen handele.



LG Hagen bestätigt: keine Entschädigung für smartphonefreie Zeit


Wer sein Smartphone aufgrund eines Defekts nicht nutzen kann, kann keinen Schadensersatz in Form einer sogenannten Nutzungsausfallentschädigung verlangen. Das hat jetzt das Landgericht (LG) Hagen (Urteil vom 9.02.2017, 7 S 70/16) entschieden.


Die Klägerin hatte im Handyshop des Beklagten ein neues Smartphone gekauft. Nachdem nur wenige Monate später die Touch-Funktion ausfiel, bat die Klägerin den Beklagten erfolglos um Reparatur und nutzte fast 2 Jahre lang ein altes Handy, das sich nur zum Telefonieren eignete. Das Amtsgericht Schwelm verurteilte den Beklagten in erster Instanz zwar zur Lieferung eines neuen Smartphones, wies die Klage aber ab, soweit sie auf Ersatz eines Nutzungsausfallschadens in Höhe von 1 € pro Tag (insgesamt: 568 €) gerichtet war: durch das Ersatzgerät sei sie stets erreichbar gewesen. Eine fühlbare Beeinträchtigung sei nicht zu erkennen.


Das LG Hagen hat die dagegen gerichtete Berufung der Klägerin nun zurückgewiesen: ein Nutzungsausfallschaden komme nur in Betracht, wenn mit dem Nutzungsausfall typischerweise eine Beeinträchtigung verbunden sei, die sich auf die eigenwirtschaftliche Lebensführung erstrecke. Zwar könne auch der Ausfall eines Internetzugangs durchaus zu einem Vermögensschaden führen und dafür Schadensersatz verlangt werden. Der Ausfall des mobilen Internets wirke sich derzeit aber auch vor dem Hintergrund der Allgegenwärtigkeit von Smartphones nicht derart gravierend aus. Es könnten auch ein Internetanschluss oder andere Informationsquellen genutzt werden.


OLG Nürnberg zu Schmerzensgeld bei Sturz im Laden vor der offiziellen Öffnungszeit


Auch wer einen Laden schon vor der offiziellen Öffnungszeit zum Einkaufen betritt, kann Schmerzensgeld verlangen, wenn er dabei über eine Palette am Boden stolpert und sich verletzt. Er muss sich aber ein erhebliches Mitverschulden zurechnen lassen. Das hat das Oberlandesgericht Nürnberg (Urteil vom 21.12.2016, 4 U 1265/16) entschieden.


Geklagt hatte die Kundin einer Bäckerei, die dort mit Zustimmung der Inhaberin schon vor der offiziellen Ladenöffnungszeit eingekauft hatte. Bei einem Sturz über eine Palette, die auf dem Fußboden lag, verletzte sie sich schwer am Knie und klagte auf Schadensersatz und Schmerzensgeld.


Die hat ihr das OLG auch grundsätzlich zugesprochen: wer – wie die Inhaberin der Bäckerei – seinen Kunden die Möglichkeit biete, den Laden schon vor der Öffnungszeit zum Einkaufen zu betreten, habe dann im Rahmen seiner Verkehrssicherungspflicht auch schon zu diesem Zeitpunkt den Boden frei von Stolperfallen zu halten. Schließlich sei das Augenmerk der Kunden in erster Linie nicht auf diesen, sondern auf die ausgelegten Waren gerichtet.


Die Klägerin müsse sich aber ein erhebliches Mitverschulden anrechnen lassen, das das OLG im diesem Fall mit 40% beziffert hat: wer den Laden schon vor der Öffnungszeit betrete, müsse damit rechnen, dass Waren geliefert und eingeräumt werden. Die Klägerin hätte deshalb besonders aufpassen müssen, zumal die Palette hier gut zu erkennen gewesen sei.


Eilantrag gegen Leinen- und Maulkorbzwang für Hund nach Tötung mehrerer Kleintiere erfolglos


Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hat den Eilantrag eines Hundehalters gegen die Einstufung seines Hundes als „gefährlich“ durch die Stadt Solingen und den daraus resultierenden Leinen- und Maulkorbzwang abgelehnt (Beschluss vom 3.01.2017, 18 L 4205/16).


Der Hund der Jagdhundrasse „Deutsch Drathaar“ soll im Mai 2016 einen Kaninchenstall aufgebrochen und das Kaninchen totgebissen und im August 2016 einen Kleintierzwinger aufgebrochen und mehrere Meerschweinchen und Kaninchen getötet haben. Nach Begutachtung des Hundes durch einen Amtstierarzt hat die Stadt Solingen durch Ordnungsverfügung festgestellt, dass der Hund ein „gefährlicher Hund“ im Sinne des Landeshundegesetzes sei und dem Halter aufgegeben, ihm Leine und Maulkorb anzulegen, wenn er ihn ausführt.


Der Hundehalter hat gegen die Ordnungsverfügung geklagt und vorläufigen Rechtsschutz begehrt. Dabei hat er eingeräumt, dass sein Hund gelegentlich eine Katze jage oder reiße, aber letztlich bestritten, dass er auch „Täter“ des „Kleintiermassakers“ war. Der war allerdings von Zeugen erkannt worden. Zudem hat auch der Halter selbst gegenüber der Polizei zunächst die Verantwortung seines Hundes eingeräumt.


Das Gericht lehnte den Eilantrag daher ab, da alle Erkenntnisse für ein Fehlverhalten des Hundes sprächen. Selbst wenn sich im Klageverfahren – das noch andauert – die „Unschuld“ des Hundes herausstellen sollte, sei es eher dem Halter zuzumuten, seinem Hund Leine und Maulkorb anzulegen, wenn er ihn ausführt, als der Allgemeinheit, bis zu einer Entscheidung dort möglichen erneuten Übergriffen ausgesetzt zu sein.


Ob der Halter Beschwerde zum Oberverwaltungsgericht eingelegt hat, ist bislang nicht bekannt.


Frohes Neues: das ändert sich 2017!


Neues Jahr, neue Gesetze: welche Änderungen sind zum 1. Januar in Kraft getreten und was können Sie 2017 noch erwarten?


Einmalig: zusätzlicher Feiertag im Oktober


Der Reformationstag am Dienstag, 31. Oktober 2017 ist ausschließlich dieses Jahr bundesweit ein Feiertag. Hintergrund ist das Reformationsjubiläum (500. Jahrestag der Veröffentlichung von Martin Luthers Thesen).


Mehr Hartz IV


Der Hartz-IV-Regelsatz für Alleinstehende steigt zum 1. Januar von 404,00 € auf 409,00 € monatlich. Für Kinder zwischen 6 und 13 Jahren erhöht sich die Grundsicherung von 270,00 € auf 291,00 €, für Jugendliche bis 18 Jahre von 306,00 € auf 311,00 €.


Geplante Änderungen im Mietrecht


Für 2017 sind weitere Änderungen im Mietrecht geplant. Danach können künftig nicht mehr 11, sondern nur noch 8% der Modernisierungskosten auf den Mieter umgelegt werden. Die Umlage soll zudem auf 3,00 € je Quadratmeter innerhalb von 8 Jahren begrenzt sein.


Entscheidend für Mieterhöhungen und Nebenkostenabrechnungen soll zukünftig nicht mehr die im Vertrag vereinbarte, sondern die tatsächliche Wohnfläche sein. Ist die mehr als 10% geringer als die vereinbarte, soll darin immer ein Mietmangel liegen, der zur Minderung berechtigt.


Schließlich sieht der Gesetzesentwurf vor, dass ein Mieter, dem wegen Zahlungsverzuges gekündigt wurde, durch die „Schonfristzahlung“ (vollständige Zahlung der Rückstände innerhalb einer bestimmten Schonfrist) nicht nur wie bisher die fristlose, sondern auch die ordentliche Kündigung unwirksam machen kann. Wann die Änderungen in Kraft treten, ist noch nicht abzusehen.


Höherer Mindestlohn


Der gesetzliche Mindestlohn steigt zum 1. Januar von 8,50 € auf 8,84 € pro Stunde. Den Mindestlohn erhalten alle voll¬jährigen Arbeit¬nehmer (auch Minijobber, wobei die Höchstgrenze von 450,00 €/ Monat nach wie vor nicht überschritten werden darf – verkürzen Sie im Zweifel also die Arbeitszeit!) mit Ausnahme von Lang¬zeit¬arbeitslosen in den ersten sechs Monaten nach Wieder¬aufnahme einer Arbeit.


Änderungen in der Pflegeversicherung


Die Pflegebedürftigkeit wird begrifflich völlig neu definiert. Entscheidend jetzt weniger der Grad der Selbstständigkeit des Betroffenen, sondern der Zeitaufwand für die Hilfe.


Statt der bisherigen drei Pflegestufen gibt es ab jetzt fünf Pflegegrade, die sich nach einem Punktesystem bestimmen. Unter bestimmten Umständen ist es möglich, ohne erneuten Antrag und erneute Begutachtung zum 1. Januar einem Pflegegrad zugeordnet zu werden. Demenzkranke haben jetzt die gleichen Ansprüche wie Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen.


Die Leistungen der Pflegeversicherung werden für die Zukunft eingestellt, wenn festgestellt wird, dass keine Pflegebedürftigkeit im Sinne der neuen Definition (mehr) vorliegt.


Wer – egal, aus welchem Grund – seine Ansprüche auf Betreuungs- und Entlastungsleistungen der Jahre 2015 und 2016 noch nicht genutzt hat, kann das noch bis zum 31.12.2018 tun – auch für eine nachträgliche Kostenerstattung für die Jahre 2015 und 2016.


Insgesamt werden die Leistungen erhöht. Finanziert werden soll das durch eine gleichzeitige Erhöhung der Beiträge auf 2,55% bzw. für Kinderlose auf 2,8%.


Radfahrerampeln: was, wenn sie fehlen?


Dann gelten für Radfahrer ab sofort die Ampeln für den Fahrverkehr und nicht mehr die Fußgängerampeln.


Renten: mehr Geld, mehr Hinzuverdienst, mehr Steuerpflicht


Für Juli 2017 ist mit einer Rentenerhöhung von bis zu 2% zu rechnen. Die genaue Erhöhung steht erst im Frühjahr fest.


Ebenfalls ab Juli 2017 kann, wer mit 63 Jahren in Teilrente geht, jährlich 6.300,00 € (bisher: 450,00 € monatlich) hinzuverdienen, ohne dass es auf die Rente angerechnet wird. Höhere Hinzuverdienste werden zu 40% auf die Rente angerechnet.


Für Neurentner (ab 2017) erhöht sich der steuerpflichtige Rentenanteil von 72 auf 74%. Für alle, die schon vorher eine Rente bezogen haben, bleibt hier alles beim Alten.


Teurer 2017: Strom und Fotobücher


Die Anhebung der Ökostrom-Umlage um 0,53 € je Kilowattstunde wird an Verbraucher weitergegeben. Fotobücher unterliegen ab sofort einem Umsatzsteuersatz von 19% (bisher: 7%).



BGH zu Mehrkosten bei Eintritt Dritter in den Reisevertrag


Wer eine Reise nicht antreten kann, kann einen Dritten in den Vertrag eintreten lassen – aber auch zur Kasse gebeten werden, wenn dabei Mehrkosten entstehen. Das hat jetzt der  Bundesgerichtshof (BGH) mit gleich zwei Urteilen (27.09.2016, Az.: X ZR 107/15 und X ZR 141/15) entschieden.


In beiden Fällen waren die ursprünglichen Reisenden von ihrem Reisevertrag zurückgetreten, nachdem der Reiseveranstalter ihnen mitgeteilt hatte, dass sie ihre Reise zwar krankheitsbedingt übertragen könnten, dafür aber eine Umbuchung erforderlich sei, durch die Mehrkosten entstünden. Anschließend zahlten die Reiseveranstalter jeweils nicht den gesamten Reisepreis zurück, sondern stellte eine Rücktrittsentschädigung in Rechnung.


Anders als noch die Vorinstanz (in beiden Fällen Landgericht München, Urteil vom 25.08.2015, Az.: 30 S 25399/14 bzw. Urteil vom 27.10.2015, Az.: 13 S 5113/15) hat der BGH das jetzt bestätigt.


Zwar müsse es ein Reiseveranstalter seinem Kunden nach § 651b Abs. 1 BGB ermöglichen, den Reisevertrag auf einen Dritten zu übertragen. Da die Tarifbedingungen der Luftverkehrsunternehmen aber typischerweise keinen Wechsel in der Person des Fluggastes („name change“) zulassen, sei dazu eine neue Flugbuchung erforderlich. Dabei entstehende Mehrkosten könne der Reiseveranstalter seinem Kunden in Rechnung stellen. Dass das für den Kunden gerade kurz vor Reisebeginn wirtschaftlich unattraktiv sei, rechtfertige nicht, den Reiseveranstalter damit zu belasten.


BGH: Schadensersatz auch wegen DFB-Strafe nach Böllerwurf


Eine Geldstrafe, die der DFB gegen einen Verein verhängt, weil bei einem Heimspiel Knallkörper gezündet wurden, kann der Verein vom Täter ersetzt verlangen. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH, Urteil vom 22.09.2016, VII ZR 14/16) entschieden.


Der 1. FC Köln war vom DFB-Sportgericht mit einer Geldstrafe belegt worden, nachdem ein Zuschauer bei einem Heimspiel einen Knallkörper vom Ober- in den Unterrang geworfen und dabei mehrere Personen verletzt hatte. Anders als noch das Oberlandesgericht Köln (Urteil vom 17.12.2015, 7 U 54/15) hat der BGH nun der Schadensersatzklage gegen den ermittelten Täter stattgegeben. Diesen treffe – wie jeden Zuschauer eines Fußballspiels – eine Verhaltenspflicht, die Durchführung des Spiels nicht zu stören. Verstoße er gegen diese Pflicht, sei eine daraus resultierende Strafe des DFB nicht nur zufällig durch sein Verhalten verursacht, sondern stehe gerade im Zusammenhang mit seinem Verhalten.


Das Oberlandesgericht Köln, an das die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen wurde, wird jetzt zu prüfen haben, ob auch die weiteren Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch gegeben sind.



VG Münster: US-Erlaubnis zum Begleiteten Fahren setzt Probezeit nicht in Gang


Der Erwerb einer Erlaubnis zum Begleiteten Fahren in den USA setzt die gesetzliche Probezeit von zwei Jahren für Fahranfänger nach dem StVG nicht in Gang. Das hat das Verwaltungsgericht Münster (Beschluss vom 15.08.2016, 10 L 1070/16) entschieden.


Der Antragsteller, Jahrgang 1997, wehrte sich erfolglos gegen die Anordnung des Kreises Steinfurt, wegen eines Geschwindigkeitsverstoßes im Februar 2016 an einem Aufbauseminar teilzunehmen. Mit seiner Begründung, der Verstoß sei nach Ablauf der Probezeit geschehen, weil er bereits im August 2013 nach Bestehen der mündlichen Prüfung über Verkehrsregeln in Alabama die Erlaubnis zum Begleiteten Fahren erhalten habe, setzte er sich nicht durch: maßgeblich für den Beginn der Probezeit sei vielmehr die Erteilung der endgültigen Fahrerlaubnis nach Bestehen der praktischen Prüfung. Der Antragsteller habe diese Prüfung im März 2014 bestanden und den Geschwindigkeitsverstoß damit während der Probezeit begangen.


Dass auch in Deutschland die Möglichkeit zum „Begleiteten Fahren mit 17“ besteht und das Jahr bis zur Volljährigkeit auf die Probezeit angerechnet wird, führe zu keinem anderen Ergebnis. Die Differenzierung sei vom Gesetzgeber gewollt, da die Erlaubnis zum Begleiteten Fahren in Alabama keinerlei Unterricht oder gar eine praktische Prüfung voraussetze, sondern die bloße Kenntnis von Verkehrsregeln.


BVerwG stärkt gewerbliche Altkleidersammler


Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG, Urteil vom 30.06.2016, Az.: 7 C 4.15) hat ein Urteil des Verwaltungsgerichtshofs München (VGH) aufgehoben, wonach die Stadt Aschaffenburg einem gewerblichen Altkleidersammler unter Verweis auf „überwiegende öffentliche Interessen“ untersagen durfte.


Die Stadt begründete die Untersagung damit, dass sie für die Abfälle, die der Kläger sammeln wolle, durch ihre Stadtwerke selbst eine hochwertige getrennte Erfassung anbiete. Damit war sie zunächst erfolgreich: der VGH (Urteil vom 10.02.2015, Az.: 20 B 14.710) sah die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers (örE) durch die Sammlung des Klägers, die sich nicht nur geringfügig auswirke, gefährdet.


Zu Unrecht, so jetzt das BVerwG: zwar vermute das Gesetz, dass die Sammlung eines gewerblichen Wettbewerbers die Funktionsfähigkeit des örE gefährdet. Zu prüfen sei aber gewesen, ob diese Vermutung auch im Einzelfall greift. Speziell im Hinblick auf die europarechtlich garantierte Warenverkehrsfreiheit sei eine Überlassungspflicht zugunsten eines örE nur zulässig, wenn sie zum Schutz der öffentlichen Daseinsvorsorge erforderlich sei.


Entscheidend sei vor allem, welche Sammelmenge dem örE durch die gewerbliche Sammlung voraussichtlich entzogen werde. Den Kriterien, nach denen diese Menge ermittelt wird, habe der VGH im vorliegenden Fall nicht entsprochen.


VG Berlin: Keine Prozesskostenhilfe für Klage auf veganes Mittagessen in Ganztagsschule


Wer für sein Kind ein veganes Mittagessen einklagen will, bekommt dafür keine Prozesskostenhilfe (PKH) bewilligt. Das hat das Verwaltungsgericht Berlin entschieden (Beschluss vom 9.05.2016, VG 3 K 503.15).


Der Kläger wollte den Schulträger verpflichten, seiner minderjährigen Tochter im Rahmen der „ergänzenden Betreuung“ an ihrer Ganztagsschule ein veganes Mittagessen anzubieten und hat dafür erfolglos PKH beantragt. Voraussetzung dafür ist neben der wirtschaftlichen Bedürftigkeit die Erfolgsaussicht in der Sache.


Diese hat das Gericht verneint: die Forderung des Schulträgers, ein ärztliches Attest über die Notwendigkeit einer veganen Ernährung vorzulegen, verstoße entgegen der Ansicht des Klägers nicht gegen die Gewissensfreiheit oder den Gleichbehandlungsgrundsatz. Die Schule habe im Rahmen der Schulorganisation einen weiten Spielraum, wie sie ihre Pflicht, ein Mittagessen bereitzustellen, erfüllt. Indem sie sich hier auf die Qualitätsstandards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung orientiere, die für Kinder und Jugendliche gerade keine vegane Ernährung empfehle, habe sie innerhalb dieses Spielraums gehandelt. Eine Pflicht, sämtliche Ernährungsüberzeugungen zu berücksichtigen, bestehe nicht.


Entgegen der Ansicht des Klägers werde die Tochter auch nicht aus der Gemeinschaft ausgeschlossen, wenn ihr kein veganes Essen zur Verfügung gestellt werde: sie könne sich eigenes veganes Essen mitbringen oder liefern lassen, wie es auch bereits in der Vergangenheit geschehen sei. Ihr Wunsch, sich vegan zu ernähren, werde auch nicht negativ bewertet oder von offizieller Seite missbilligt.

VG Düsseldorf: Hund kann auch innerhalb des eigenen Haushalts abgegeben werden


Wem das Ordnungsamt die Haltung eines großen Hundes untersagt, der kann den Hund auch an eine sachkundige und zuverlässige Person im eigenen Haushalt abgeben. Das hat das Verwaltungsgericht Düsseldorf entschieden.


Der Kläger zeigte den Erwerb eines Labrador Retriervers an und wies trotz mehrfacher Aufforderung des Ordnungsamtes seine Sachkunde und den Abschluss einer Haftpflichtversicherung nicht nach. Das Ordnungsamt untersagte ihm daraufhin das Halten dieses und anderer großer Hunde und wies ihn an, den Hund binnen 2 Wochen abzugeben. Hiergegen klagte der Kläger unter Verweis auf die Sachkunde seiner Verlobten.


Mit Erfolg: das Ordnungsamt habe schon nicht nachgewiesen, dass der streitgegenständliche Hund ein "großer Hund" im Sinne des Landeshundegesetzes ist, also mindestens 20 kg wiegt oder eine Widerristhöhe von mindestens 40 cm hat. Die Angaben des Klägers (18,5 kg/ 38 cm) seien nicht überprüft worden. Der Hund sei auch nicht deshalb als "großer Hund" einzustufen, weil der Kläger einer entsprechenden Einstufung durch das Ordnungsamt nicht widersprochen hat.


Zudem könne auch eine sachkundige und zuverlässige Person, die mit dem Adressaten eines Haltungsverbotes in einem Haushalt lebt, den Hund übernehmen, wenn tatsächlich ein Halterwechsel stattfinde. Dies zu prüfen, sei Aufgabe des Ordnungsamtes, das sich dieser Aufgabe nicht durch das Verbot einer "haushaltsinternen" Abgabe entziehen könne.

April, April – aber wann ist Schluss mit lustig?


Es ist wieder soweit: am Freitag werden Millionen Menschen im Internet oder offline mit mehr oder weniger lustigen Scherzen „in den April geschickt“. Doch was passiert eigentlich, wenn aus Spaß Ernst wird oder mein Gegenüber generell zum Lachen in den Keller geht?


Vorab: eine Rechtsprechung explizit zu misslungenen Aprilscherzen und ihren Folgen gibt es nicht. § 118 BGB regelt die Folgen einer sogenannten Scherzerklärung. Danach ist „eine nicht ernstlich gemeinte Willenserklärung, die in der Erwartung abgegeben wird, der Mangel der Ernstlichkeit werde nicht verkannt werden“ nichtig (Beispiel: A stellt B eine Weltreise in Aussicht, wenn der ihm die Schuhe putzt). Wer eine solche Erklärung abgibt, kann – nur darauf kommt es an! – darauf vertrauen, dass der andere den fehlenden Willen, sich rechtlich zu binden, erkennt.


Ein Unterfall der Scherzerklärung kann die Schmerzerklärung (Beispiel:  A droht seinem Chef, zu kündigen, wenn der ihn weiter mobbt) sein, die in erster Linie Aufmerksamkeit erregen soll, um den Erklärungsempfänger zu einem bestimmten Verhalten zu bewegen. Darin liegt allerdings unter Umständen eine widerrechtliche Drohung.


Bei sonstigen Äußerungen ist zu differenzieren: wird mit ihnen Kritik an bestimmten Zuständen geübt, darf das grundsätzlich auch überspitzt geschehen. Grob unsachliche Angriffe müssen aber nicht hingenommen werden; bei Arbeitsverhältnissen ist hier sogar die außerordentliche Kündigung denkbar. Entscheidend ist dann, ob ein wichtiger Grund vorliegt. Das wurde für schwerwiegende Beleidigungen im Rahmen einer Betriebsratswahl bejaht, nicht aber, wenn dem Arbeitgeber Äußerungen lediglich zugetragen werden. Bei mehrdeutigen Äußerungen muss die weniger schwerwiegende Deutung mit überzeugenden Gründen ausgeschlossen werden können.


Wer Gegenstand eines Aprilscherzes war, der über das Ziel hinausgeschossen ist, hat vielfältige Möglichkeiten: er kann Beseitigung und Unterlassung, teilweise sogar Schadensersatz und/ oder Schmerzensgeld verlangen, Strafanzeige stellen... oder einfach und gekonnt – also ohne sich selbst der Lächerlichkeit preiszugeben oder gar seinerseits vor Gericht zu landen – kontern. Wer zuletzt lacht, lacht nämlich bekanntlich immer noch am besten.

VG Regensburg: Deutschlands letzter Zirkusbär durfte beschlagnahmt werden


Braunbär Ben, der als letzter Zirkusbär Deutschlands gilt, steppt vorerst nicht mehr in „seinem“ Zirkus. Das Verwaltungsgericht Regensburg (Beschluss vom 17.03.2016, RN 4 S 16.414) hat seine von Tumulten zwischen Zirkusmitarbeitern, Tierschützern und Polizisten begleitete Beschlagnahmung durch das Landratsamt Deggendorf wegen tierschutzwidriger Haltung bestätigt.


Ben sei wiederholt schwer vernachlässigt worden. Zuletzt sei er unbetreut, ohne Futter und Wasser und ohne Zugang zum Außenbereich befunden. Ähnliche Mängel seien auch schon an früheren Standorten aktenkundig gewesen.


Wie es mit Ben, der sich derzeit auf einem Gnadenhof aufhalten soll, weitergeht, wird derzeit im Landratsamt beraten. Gegen eine Rückgabe an den Zirkus, der gegen den Beschluss bereits Beschwerde zum Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingelegt hat, formiert sich unter Tierschützern Widerstand.

„Temporäres Hausverbot“ in Düsseldorfer Diskothek für erfolglose Fußballprofis


Erst die Arbeit, dann das Vergnügen – dachten sich wohl auch die Betreiber einer Düsseldorfer Diskothek und belegten die derzeit erfolglosen Zweitligafußballer der Fortuna mit einem „temporären Hausverbot, bis sportliche Leistungen wieder zu erkennen sind“.


Abgesehen von der etwas schwammigen Formulierung: geht das so einfach? Ja. Einen „Kontrahierungszwang“, also eine Pflicht, mit bestimmten Personen einen Vertrag zu schließen, gibt es nicht. Der Betreiber einer Diskothek kann grundsätzlich frei entscheiden, wem er Zutritt gewährt und wer draußen bleiben muss.


Das gilt allerdings nicht, wenn der Zutritt wegen der ethnischen Herkunft, der Religion oder anderen Diskriminierungsmerkmalen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) verweigert wird: hier sind Ansprüche auf Schadensersatz und Schmerzensgeld möglich, wobei der Betreiber beweisen muss, dass er nicht gegen das AGG verstoßen hat, sobald dafür gewisse Indizien vorliegen.


Im Fall der Fortuna-Kicker kommt eine solche Diskriminierung nicht in Betracht. Ob sie aber die gleichzeitig ausgesprochene Einladung des Clubs zur großen Nichtabstiegsparty annehmen werden, ist nicht nur mit Blick auf die aktuelle Tabelle der 2. Bundesliga fraglich.

Helau? Alaaf? Aber sicher!


Über Alkoholexzesse, verschüttete Getränke auf Tanzflächen und sonstige „Gefahren beim Feiern“ kann man jedes Jahr zu Karneval berichten. Dieses Jahr stehen auch die „tollen Tage“ unter dem Eindruck der Anschläge von Paris sowie der Geschehnisse von Köln in der Silvesternacht, die neue Fragen aufwerfen. Rechtsanwalt Daniel Wex beantwortet einige davon.


Was, wenn ich bei größeren Veranstaltungen Opfer einer Straftat werde?


Man kann nicht oft genug raten: auch hier alles konsequent zur Anzeige bringen! Es kostet oft einige Überwindung, das Geschehene nochmals möglichst detailgetreu zu rekapitulieren und viele Verfahren werden trotzdem eingestellt, weil sich kein Täter ermitteln lässt – aber: jede Straftat, die das „Dunkelfeld“ verlässt, sichtbar wird, kann das Problembewusstsein erhöhen. Je genauer Tat und Täter beschrieben werden können, umso besser stehen die Erfolgsaussichten. Wichtig hier: gibt es Zeugen? Stehen sonstige Beweismittel zur Verfügung?


Was kann ich tun, damit es gar nicht erst soweit kommt?


Absolute Sicherheit gibt es nicht, dementsprechend auch keine allgemeingültige Lösung. Verhaltensregeln für potenzielle Opfer sind fehl am Platz: das Recht braucht dem Unrecht nicht zu weichen, wer feiern will, soll feiern und darf sich und andere gegen Angriffe verteidigen. Man spricht hier von Notwehr, gesetzlich definiert als „Verteidigung, die erforderlich ist, um einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff von sich oder einem anderen abzuwenden“. Soweit die Theorie. In der Praxis sehen sich viele nach einer solchen Verteidigung selbst in der Defensive: lag wirklich eine Notwehrsituation vor? War der Angriff gegenwärtig (also unmittelbar bevorstehend oder noch andauernd), war er rechtswidrig und durfte er so abgewendet werden, wie er abgewendet wurde (beispielsweise durch den Einsatz von Pfefferspray?) All das zumindest im Ansatz zu prüfen, wird auch dem Rechtslaien in absoluten Ausnahmesituationen abverlangt – so wie einem zur Tatzeit 77jährigen an Krücken gebundenen Rentner, der wegen Totschlags verurteilt wurde, weil er bei einem Raubüberfall durch 5 Jugendliche keinen Warnschuss, sondern gleich einen lebensgefährlichen und letztlich tödlichen Schuss abgegeben habe. Diese Verteidigung sei nicht erforderlich gewesen.


Also besser gleich die Polizei rufen?


Wenn möglich und erfolgversprechend: ja! 110 ist dabei übrigens nur die Notrufnummer, die Sie bitte nur wählen, wenn auch wirklich ein Notfall vorliegt. Beachten Sie dann bei der Sachverhaltsschilderung die 5 „W-Fragen“: Wo ist was geschehen, wie viele Betroffene, welche Verletzungen, Warten auf Rückfragen. Anspruch auf ein, geschweige denn bestimmtes, polizeiliches Einschreiten haben Sie nicht, da die Polizei Maßnahmen nach „pflichtgemäßem Ermessen“ trifft, also entscheiden kann, ob, und wenn ja: wie sie konkret vorgeht. Macht sie dabei Fehler, können Sie unter bestimmten Voraussetzungen aber Schadensersatz verlangen.


Dann muss ich mich wohl selbst bewaffnen, falls die Polizei zu spät kommt?


Dazu brauchen Sie eine Erlaubnis. Die kann erteilt werden, wenn Sie volljährig, zuverlässig und persönlich geeignet sind und Haftpflichtversicherung, erforderliche Sachkunde und vor allem ein Bedürfnis nachgewiesen haben. Da der Gesetzgeber möglichst wenige Waffen im Umlauf haben will, liegen die Hürden hier sehr hoch: sind Sie überdurchschnittlich gefährdet und brauchen Sie wirklich eine Waffe, um dem zu begegnen? Selbst mit Erlaubnis dürfen Sie Ihre Waffe aber nicht nach Belieben bei sich führen. Verstöße gegen das Waffengesetz sind teilweise strafbar, teilweise „nur“ ordnungswidrig – dann ist aber eine Geldbuße bis zu 10.000 € möglich.


Kann ich denn nicht meine eigene Sicherheitsfirma gründen?


Grundsätzlich ja, aber auch das sogenannte Bewachungsgewerbe setzt eine Erlaubnis voraus. Die bekommen Sie nicht, wenn Sie keinen IHK-Nachweis vorlegen, dass Sie mit den notwendigen Rechtsvorschriften vertraut sind oder Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass Sie nicht zuverlässig sind. Auch Ihre Mitarbeiter müssen diese Voraussetzungen erfüllen, soweit sie zur Bewachung eingesetzt werden. Dass die Stadt Dortmund hier wenig zimperlich ist, zeigt sich unter anderem daran, dass sie aktuell sogar dem BVB ein Zwangsgeld androht, falls er weiterhin seinen Ordnungsdienst ohne Erlaubnis betreibt.


Die Party war gut, aber ich will nicht auf Fotos oder Videos zu finden sein: sollte ich etwas dagegen unternehmen – und kann ich das überhaupt?


Das Netz vergisst nicht, und nicht nur möglichen zukünftigen Arbeitgebern, die es durchsuchen oder durchsuchen lassen, gefällt das. Bei gewissen Dingen, die dort ohne Ihre Einwilligung über Sie kursieren, können und sollten Sie Beseitigung und/ oder Unterlassung verlangen.

Ehemaliger Asta-Vorstand haftet für Bochumer Mensaparty


Über 220.000 € Verlust - mit dieser verheerenden Bilanz endete die Mensaparty an der Ruhr-Universität Bochum im Dezember 2007. Grund genug für die Studierendenschaft, gegen den damaligen Vorsitzenden sowie den Finanzreferenten des Allgemeinen Studierendenausschusses (Asta) als Mitorganisatoren Schadensersatzansprüche geltend zu machen.


Wie schon die Vorinstanz (Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, Urteil vom 11.12.2013, Az.: 4 K 5606/09) hat jetzt auch das Oberverwaltungsgericht Münster (Urteil vom 26.01.2016, Az.: 15 A 333/14) der Klage nicht in voller Höhe stattgegeben und der Studierendenschaft dabei nur die Hälfte des dort ausgeurteilten Betrages (88.000 statt 176.000 €) zugesprochen.


Zwar habe gerade bei einer Veranstaltung dieser, so in Bochum nie dagewesenen Größenordnung unter anderem mit Auftritten von Culcha Candela und Juli eine besonders sorgfältige Kostenschätzung erfolgen und Eingang in den Nachtragshaushalt finden müssen. Da das nicht geschah - so habe man kritische Stimmen ausgeblendet und mit Besucherzahlen kalkuliert, die aus brandschutzrechtlichen Gründen gar nicht möglich gewesen wären -, sei der Nachtragshaushalt fehlerhaft zustandegekommen; der Asta habe damit grob fahrlässig gegen seine haushaltsrechtlichen Pflichten verstoßen.


An diesem fehlerhaften Zustandekommen sei aber das Studierendenparlament, das den Haushalt letztverantwortlich festgestellt habe, ebenso beteiligt gewesen. Dieses Mitverschulden ihres höchsten Beschlussorgans müsse sich die Studierendenschaft zurechnen lassen.

The same procedure as every year: Rechtstipps zu Silvester


Und wieder steht ein neues Jahr vor der Tür! Bevor Sie es begrüßen, sollten Sie sich aber fragen, ob es im alten noch etwas zu erledigen gibt: wollen Sie noch Betriebskosten abrechnen? Dann dürfen Sie am Nachmittag des 31. Dezember  nicht mehr damit rechnen, dass ihre Mieter ihren Briefkasten leeren. Den Nachtbriefkasten bei Gerichten und Behörden können Sie dagegen bis 24 Uhr nutzen.


Und jetzt: get the Party started – lassen Sie dabei aber Ihr Fondue nicht allzu lange aus den Augen! Schon ein zweiminütiges Telefonat in einem anderen Zimmer begründet leichte Fahrlässigkeit (die aber noch keine Haftung für Feuerschäden auslöst). Setzen Sie an einem Stehtisch Ihren Fuß zurück, ohne zu wissen, dass jemand direkt hinter Ihnen steht, haften Sie nicht für dessen Sturz: von Ihnen kann nicht erwartet werden, dass Sie das Geschehen über Ihren Tisch hinaus beobachten. Auch ist allgemein bekannt, dass stehende Personen ihren Fuß zur Gewichtsverlagerung nach hinten setzen. Ein Schild "Teilnahme auf eigene Gefahr" kann eine Haftung aber nicht ausschließen.


Verstecken Sie Feuerwerk sicher vor Ihren Kindern und erlauben Sie ihnen auch unter Aufsicht nicht, mit Feuerwerk zu hantieren. Wenn Sie Feuerwerk entzünden, müssen Sie einen Standort wählen, von dem aus andere Personen und Sachen aller Voraussicht nach nicht ernsthaft gefährdet werden und die Gebrauchsanleitung und besondere Umstände, die eine Gefahr begründen können,  beachten. Insgesamt sind die Anforderungen an die sogenannte Verkehrssicherungspflicht an Silvester aber herabgesetzt: jeder muss sich darauf einstellen, dass es zulässig und in allen Städten und Gemeinden üblich ist, nicht erlaubnispflichtige Feuerwerkskörper zu zünden, und Maßnahmen zum Selbstschutz treffen. Stellen Sie Ihr Auto also an Silvester in die Garage, falls Sie eine haben! Wer an Silvester leicht brennbare Kleidung trägt, hat eine Mitschuld an einem Unfall. Kinder müssen es sich hier unter Umständen zurechnen lassen, wenn ihre Eltern sie ungenügend bekleiden. Das gleiche gilt, wenn Sie nahe an eine Abschussstelle, die Sie als solche kennen, herangehen, ohne dass der Feuerwerker das merkt. Haben Sie Ihre Pflichten erfüllt, haften Sie nicht für Schäden, die eine verirrte Rakete anrichtet.


Wenn Sie über die Stränge geschlagen haben, kann Ihr Vermieter Sie dafür nicht kündigen – vorausgesetzt, es handelt sich um einen einmaligen Vorfall. Auch Randale Ihrer Partygäste, die Sie nicht vorhersehen konnten, kann Ihnen nicht zugerechnet werden.


Starten Sie gut, fröhlich und sicher in das neue Jahr!

Spielabsage: welche Rechte habe ich?


Nach den Anschlägen von Paris und der Spielabsage in Hannover gibt es aktuell keine Anzeichen, dass der anstehende Bundesligaspieltag ganz oder auch nur teilweise abgesagt wird. Was aber wird aus meiner Karte, wenn doch? Und kann ich Schadensersatz verlangen?


Vorab: oft war in den letzten Tagen von "höherer Gewalt" die Rede. Beide Vertragsparteien könnten dann den Vertrag kündigen und bereits erbrachte Zahlungen zurückverlangen. Ob aber ein solcher Fall vorliegt, ist mehr als fraglich. Voraussetzung ist ein von außen kommendes Ereignis, das keinen betrieblichen Zusammenhang hat und weder vorhergesehen, noch durch äußerste Sorgfalt abgewendet werden kann. Die Rechtsprechung zieht hier sehr enge Grenzen. Erfasst sind beispielsweise Epidemien oder Naturkatastrophen, die die Durchführung einer Reise konkret gefährden. Das gleiche gilt bei Krieg oder Kriegsgefahr, Unruhen und instabilen politischen Verhältnissen, in der Regel aber nicht bei einzelnen terroristischen Anschlägen oder Drohungen.


Die Allgemeinen Ticket-Geschäftsbedingungen (ATGB) des DFB für Heimländerspiele sehen vor, dass bei Spielabsage der Eintrittspreis gegen Rückgabe der Tickets erstattet wird. Eine Rückzahlung von Bearbeitungs- und Versandgkosten erfolgt danach nicht, für das Spiel gegen die Niederlande laut aktueller Mitteilung auf dfb.de aber schon, wenn die entsprechende Rechnung dem Rückerstattungsformular beiliegt.


Ähnliche Regelungen finden sich in den ATGB des BVB und seines nächsten Gegners HSV, wobei in beiden Fällen nur von der Rückzahlung des Vertrags- bzw. Kaufpreises die Rede ist. Ob davon auch Bearbeitungs- und Versandkosten umfasst sind, geht daraus nicht ausdrücklich hervor. Wenn aber jeweils zu Beginn der ATGB davon die Rede ist, dass diese Kosten "zusätzlich" anfallen, legt das nahe, dass dem nicht so sein soll.  Die ATGB von Werder Bremen sind hier konkreter und stellen nicht nur klar, dass Bearbeitungs- und Versandkosten nicht erstattet werden, sondern auch, dass die Übersendung der Tickets im Rahmen der Rückerstattung auf eigene Rechnung erfolgt.


Bei einer bloßen Verlegung des Spiels behalten die Tickets ihre Gültigkeit, können aber bei BVB (nur bis zum letzten Werktag vor dem neuen Termin!) und DFB gegen Erstattung des Kaufpreises zurückgegeben werden. Der HSV bietet diese Möglichkeit nicht, Werder Bremen nur bei nachweislichem Verschulden.


Anreise- oder Übernachtungskosten werden in keinem Fall erstattet.